Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 54. Entschädigungsfälle unregelmäßiger Art. 567 
V. Soweit die Einzelnen in Friedenszeiten in Anspruch 
genommen werden für die Zwecke und Bedürfnisse der Landes- 
verteidigung, regelt sich die Frage der etwa zu leistenden 
Entschädigung nach den allgemeinen Grundsätzen, die auch sonst 
hierfür gelten. 
Im Kriegsfalle aber ist eine Unterscheidung zu machen. 
Was unser Staat zur letzten Vorbereitung der eigentlichen 
Kriegsführung bedarf, für Ausrüstung und Unterhalt des Heeres, 
für vorsorgliche Anlage von Befestigungen und Freilegung des Vor- 
geländes, fällt noch unter die Regeln des Friedensrechts, auch 
wenn es „Kriegsleistung“ heißt. Die Entschädigung für die da- 
durch zugemuteten besonderen Opfer richtet sich stets nach den all- 
gemeinen Grundsätzen des friedlichen Verwaltungsrechts. Anders 
steht es mit solchen Eingriffen, welche vorgenommen werden im 
Drange des Kampfes selbst, durch den Kampf oder in un- 
mittelbarem Zusammenhange mit ihm. Das sind die Kriegs- 
schäden im eigentlichen Sinne. Es ist nicht mehr die geordnete 
Verwaltung, was so wütet, sondern die entfesselte Kriegsfurie. Der 
im Verwaltungsrechte vorgesehene Ausgleich der im ordentlichen 
Gang der Dinge den Einzelnen zugemuteten besonderen Opfer gilt 
hierfür nicht ®. 
Das gleiche ist zu sagen von allen Schäden, die der ein- 
gedrungene Feind bei uns anrichtet oder die er sonst unserem 
Volksvermögen zu bereiten weiß, im Kampfe oder außer ihm. 
Sein Tun steht nicht unter unserem Verwaltungsrecht; dessen 
Rechtsfolgen knüpfen sich nicht daran, und selbstverständlich hat 
unser Staat nicht dafür einzustehen. 
Auch hier wird ja die Billigkeitsforderung entstehen, daß 
schließlich durch Ersatzleistung aus den gemeinsamen Mitteln ein 
Ausgleich stattfinde, ähnlich wie bei den besonderen Opfern, welche 
für die Verwaltung gebracht werden müssen. -Dafür aber ist ein 
ständiges Rechtsinstitut nicht zur Ausbildung gelangt. Es ist jedes- 
1. Juli 1900, 8$ 33, 24. — Vgl. zur ganzen Frage: Dreyer, in Verw.Arch. XX 
. 161 ff. Mit der Verneinung eines allgemeinen Gewohnheitsrechts ist aber 
meine Lehre nicht erledigt. 
% Vgl. oben Bd. IS. 10. Das gilt auch für den Kampf zur Niederwerfung 
eines inneren Aufruhrs. O.A.G. Dresden 18. Mai 1852 (Seuff. Arch. V N. 288) 
verweigert für die Verwüstungen, welche die Truppen bei solcher Gelegenheit an- 
gerichtet haben, jede Entschädigung. — Das Wesen der Kriegsschäden wird im 
obigen Sinne verstanden von Kab.Ordre v. 4. Dez. 1831, wenn sie Klagen gegen 
den Fiskus „auf Ersatz eines Schadens aus den Zufällen des Krieges“ überein- 
stimmend mit der bestehenden Gesetzgebung für unzulässig erklärt.
	        
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