Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

568 Das Recht der besonderen Schuldverbältnisse. 
mal der Staatsgewalt zu freier Erwägung vorbehalten, ob und in 
welchem Maße sie Vorkehrungen treffen kann und will, um jener 
Forderung Genüge zu tun. Unbeschadet vorläufiger Hilfen und Fest- 
stellungen wird das erst nach Beendigung jedes Krieges, wenn die 
Sachlage sich voll übersehen läßt, zum Gegenstand einer durch- 
greifenden Regelung gemacht werden können ®®. 
VI. Ausnahmsweise werden auch zwischen Einzelnen, die sich 
auf privatrechtlicbeem Boden gegenüberstehen, Entschädigungs- 
ansprüche begründet sein, die eine gewisse Ähnlichkeit mit unserer 
ausgleichenden Entschädigung nicht verkennen lassen, namentlich 
sofern auch sie auf eine Forderung der Billigkeit zurück- 
zuführen ist. 
So nach B.G.B. $ 829 die Schadensersatzpflicht des Geistes- 
kranken oder Jugendlichen, der einem anderen Schaden zu- 
gefügt hat, ohne, seines Zustandes der Unvollkommenbheit halber, 
nach dem Gesetze dafür verantwortlich zu sein: er haftet wenigstens 
insoweit, „als die Billigkeit nach den Umständen es erfordert“. 
Hierher gehören ferner die Entschädigungsansprüche für Aus- 
übung der Notstandsbefugnisse nach B.G.B. $ 904, des Not- 
5 Nach den Napoleonischen Kriegen wurden in Preußen besondere „admini- 
strative Kommissionen“ eingesetzt, um über die angemeldeten Kriegsschäden zu 
erkennen und Entschädigung dafür zu gewähren. Ein vor den Gerichten geltend 
zu machender Anspruch (gleichbedeutend mit Rechtsanspruch überhaupt) wurde 
selbst dann nicht anerkannt, wenn behauptet wurde, der Preußische Staat habe 
diese Ersatzansprüche „gegen ein anderes Gouvernement liquidiert“ (zu der fran- 
zösischen Kriegsentschädigung): Oppenhoff, Ressortverh. $. 85 n. 251. Vgl 
auch v. Roenne, St.R. d. Pr. Mon. I S. 706 Note 4; Heilfron, Kriegsschäden 
1S.35 ff. Wenn hierbei immer von „Ausgleichung der Kriegsschäden“, „Repar- 
tition“ oder „Peräquation“ derselben gesprochen wird, so kommt darin der Ge- 
danke zum Ausdruck, der unserem ganzen Rechtsinstitut der öffentlichrechtlichen 
Billigkeitsentschädigung überhaupt zugrunde liegt. 
Zurzeit ist maßgebend für diese Dinge Kriegsleistungsges. v. 13. Juni 1873 
$ 35: „Für Leistungen, durch welche einzelne Bezirke, Gemeinden oder Personen 
außergewöhnlich belastet werden, sowie für alle durch den Krieg verursachten 
Beschädigungen an beweglichem und unbeweglichem Eigentum, welche nach den 
Vorschriften dieses Gesetzes nicht oder nicht hinreichend entschädigt werden, 
wird der Umfang und die Höhe der etwa zu gewährenden Entschädigung und das 
Verfahren bei Feststellung derselben durch jedesmaliges Spezialgesetz des Reichs 
bestimmt“. Das bedeutet die Verneinung eines Rechtsanspruches mit Eröffnung 
der Aussicht auf Gewährungen im gegebenen Fall durch den selbstverständlich 
freibleibenden Gesetzgeber. Die zuerst erwähnten Leistungen werden schon nach 
Kriegsleist.Ges. vergütet; sofern das nicht ausreicht, wird hier ein zweites Stock- 
werk von Billigkeitsrecht aufzusetzen geplant. — Zur vorläufigen Feststellung der 
Schäden des jetzigen Krieges ist das R.Ges. v. 15. Juli 1916 ergangen.
	        
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