$ 55. Die juristische Persönlichkeit des öffentlichen Rechts. 573
fähig ist, ist der Mensch Person, sondern weil er lebt. Die
Philosophie freilich spricht vom Willen in einem anderen als in
unserem bestimmten Sinne; für sie kann Wollen und Leben zu-
sammenfallen; Leben ist dann sein Dasein wollen und alles, was
daran hängt und hängen soll, seine Angelegenheiten wahrnehmen,
seine Zwecke verfolgen, gleichviel, ob das mit rechtlich bedeut-
samem Willen geschieht oder im Unbewußten. In diesem Sinne wäre
dann allerdings der menschliche Wille die Grundlage der mensch-
lichen Persönlichkeit; denn dieses lebendige Menschendasein soll
gerade durch sie vor der Rechtsordnung zur Geltung kommen.
Ohne diesen Willen ist kein Mensch, keine natürliche Person da.
In der Sprache unserer Rechtswissenschaft aber ist der Wille nur
das, was die Rechtsordnung als wirksame Betätigung der Person
anerkennt, nur der zu ihr gehörige wehrhafte Wille, oder wie
Mot. zu B.G.B. I S. 129 u. 131 es bezeichnen, „die erforderliche
Willenskraft“. Die kann fehlen, deshalb gibt es rechtswissen-
schaftlich willensfähige und willensunfähige Personen. Und für
die letzteren wird dann eben jene Fürsorge getroffen, um die ihnen
für den Rechtsverkehr erforderliche Ausrüstung zu bereiten. Wenn
man den anderen Willensbegriff der Philosophie hier hereinspielen
laßt, kann nur Verwirrung angerichtet werden. Wir werden das
sogleich darzutun haben.
2. Der Mensch hat aber auch Anliegen und Zwecke, deren Ver-
folgung und Befriedigung nicht in diesem Einzeldasein beschlossen ist,
sondern die darüber hinausreichen, sei es, daß sie ihm ge-
meinsam sind mit Nebenmenschen, sei es, daß sie nach ihm
sollen übernommen werden können von anderen Menschen, die an seine
Stelle treten, auch dieses eine Gemeinsamkeit, aberin zeit-
licher Folge. Die Rechtsordnung gewährt mancherlei Formen, um
von der natürlichen Person aus solche Gemeinsamkeit der Zwecke zu
ermöglichen und zu sichern: Gesellschaft, Handelsgeschäft und Firma,
Erbfolge, Auflage bei letztwilliger Verfügung. Dabei kann die Ein-
richtung getroffen sein, daß das gemeinsame Unternehmen im
Verkehre auftritt unter einem einheitlichen Namen, der
gleichmäßig und dauernd die Beteiligten umfaßt, für welche so
gehandelt wird. Das bietet dann nach außen und solange alles
glatt geht, das Bild einer besonderen Person, der das
Unternehmen angehört und die darin die Zwecke der Beteiligten
verfolgt, während diese zunächst ganz hinter ihr verschwinden.
Da diese Person nicht zugleich ein Mensch ist, so würde sie unter
die Art von Personen zu rechnen sein, die das Gegenteil bilden