$ 55. Die juristische Persönlichkeit des öffentlichen Rechts. 575
Damit eine wirkliche juristische Person entstehe, muß
noch ein weiterer Schritt getan werden. Was hinzukommt, bezieht
sich in erster Linie nicht auf das Verhältnis nach außen, dem
Dritten gegenüber, sondern hat seine Spitze gegen die Beteiligten,
deren Zwecken und Anliegen das Unternehmen dient, das hier
betrieben werden soll. Von ihnen ist dieses Unternehmen mit allen
dazu bestimmten Vermögenswerten rechtlich zu lösen, so daß
es ihnen nicht mehr gehört. Da es aber nicht ins Leere fallen
soll, läßt das Gesetz für das Unternehmen eine eigene juristische
Person entstehen, die es tragen soll und kann. Nur hier ist eine
solche am Platze und notwendig. Die ursprünglich Berechtigten
stehen nicht mehr als die eigentlichen Rechtsträger hinter dem
gemeinsamen Namen, jenem Schein einer Person, sondern stehen
einer neuen Person gegenüber, auf deren Schicksal und Vermögen
ihnen allerdings dann ein gewisser Einfluß zukommt, gerade soviel
als das Gesetz oder was hier an seine Stelle tritt, vorsichtig ibnen
gewährt. Das sind dann immer nur Rechte gegen diese Person,
die erst mittelbar und durch sie hindurch wirksam werden auf das
Ihrige. Diese Absonderung nach innen ist das Entscheidende
für die echte juristische Persönlichkeit®,
3. Während demnach die natürliche Person sich einfach ver-
wirklicht an dem lehendigen Einzelwesen, das hinter ihr steht,
kann die juristische Person die bestimmte Gestalt, in der sie er-
scheinen soll, erst gewinnen durch eine besondere Ordnung, die
ihr gegeben wird; ihr Dasein beruht auf ihrer Verfassung.
Die natürliche Person erhält ihre Eigenart, mit der sie sich
von anderen unterscheidet, durch die Leiblichkeit des Menschen,
dessen Zwecken sie umfassend dient, die juristische durch die Be-
€ Prot. d. Kom. f. B.G.B. U. Lesung, Bd. II S. 457: Es ergibt sich „aus dem
Wesen der juristischen Persönlichkeit“, daß das Vermögen „in Wirklichkeit von dem
Vermögen der Mitglieder völlig getrennt und ausschließlich für die Vereinszwecke
bestimmt sei“. — Manchmal besteht das Gesetz auch auf einer sofortigen tatsäch-
lichen Lösung: B.G.B. $ 82 (Stiftung); H.G.B. $ 195 Abs. 3 (Aktiengesellschaft)
6 Laband, in Ztschft. f. H.R. XXX S. 499, kommt zu diesem Ergebnis
auf dem Wege, daß nur so die Mitglieder des Vereins von der Haftung für
Vereinsschulden befreit sein können: diese Befreiung „hat ihre Kehrseite daran,
daß ihnen das Vereinsvermögen nicht gehört“. Besonders klar Rü melin,
Methodisches über d. jurist. Pers. S. 69: „Mit der Annahme der juristischen
Person ist zunächst die Loslösung des Vermögens von den beteiligten Menschen
statuiert.“ Zu diesem Vermögen werden die Zivilisten auch das Unternehmen
selbst rechnen, das den Zweck der juristischen Person bildet, das Geschäft;
auch dieses gehört nicht den beteiligten Menschen, wird nicht in ihrem Namen
geführt und nicht mit unmittelbarer rechtlicher Wirkung für sie.