$ 4. Wirkungen der Enteignung. 53
1. Für die Höhe der Entschädigung gibt es keinen Maß-
stab, wenn man die Frage stellt: welchen Kaufpreis der Ent-
eignete vernünftigerweise hätte fordern können. Denn das bedarf
selbst erst wieder eines Maßstabes. Auch der Schadensersatz-
anspruch des in seinen Rechten Verletzten bei Vertragswidrig-
keit oder unerlaubter Handlung trifft nicht zu: er betrachtet das
Vermögen des Verletzten im ganzen und fragt, wie viel Geld
nötig ist, um es auf den Zustand zu bringen, „der bestehen würde,
wenn der zum Ersatze verpflichtende Umstand nicht eingetreten
wäre”. Die Enteignungsentschädigung bezweckt lediglich
den Ausgleich des Nachteils, der dem Enteigneten durch die In-
anspruchnahme seines Grundstücks für die öffentliche Verwaltung
entstand, beschränkt sich demnach auf die Berücksichtigung der
in diesem Grundstücke verkörperten Vermögens-
vorteile®®,
Das trifft großenteils mit dem zusammen, was auch der Schadens-
ersatz vergütet, nur daß hier überall die tatsächlich sehr wirk-
same Verschärfung wegfallen soll, welche dort die Ungunst der
Rechtswidrigkeit und der Wunsch, dem Verletzten volle Genug-
tuung zu verschaffen, von selbst mit sich bringen. Aber auch ohne
das führt es zu engeren Begrenzungen. Es kommt vor allem in
Rechnung: der gemeine Wert des entzogenen Grundstücks (Ver-
kaufswert), dazu noch die in ihm gegebene Aussicht auf
künftigen Gewinn. Nicht aber Gewinnmöglichkeiten,
die sich nur durch besondere Glücksfälle oder persönliche Be-
ziehungen und Geschicklichkeiten an diesen Besitz knüpfen können,
nicht Affektionswerte, nicht persönliche Nachteile, die
an den Verlust des Grundstücks sich knüpfen können ®.
Bei Teilenteignungen bildet einen besonderen Entschä-
digungsposten der Minderwert des Restgrundstücks. Er
berechnet sich nach der geringeren Verwendbarkeit des verbleibenden
Besitzes, nach der Aufhebung und Erschwerung von vorteilhaften
Verbindungen, die das Weggenommene vermittelt hatte, nach den
” Eger, Ent.Ges. I S. 119 ff.: Der „objektive Maßstab“ soll entscheiden
($. 119), der „objektive Wert“ (S. 121) ersetzt werden.
” Der Brandstifter wird dem Hauseigentümer auch die Umzugskosten zu
ersetzen haben, der Unternehmer, für den enteignet wird, nicht: Eger, Ent.Ges.
I 8. 200. — Wegen des zu erwartenden Gewinnes wird die Unterscheidung in der
obigen Weise zu machen sein: übereinstimmend mit B.G.B. $ 252 wird nur die
im Grundstück schon verkörperte Erwartung in Rechnung kommen. Gegen den
in 1. Aufl. vertretenen gänzlichen Ausschluß solchen Gewinnes hat Fleisch-
mann, in Eger, Eisenb.Entsch. XXI S. 314, mit Recht Widerspruch erhoben.