Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 55. Die juristische Persönlichkeit des öffentlichen Rechts. 597 
Bei der juristischen Person des öffentlichen Rechts, dem Ver- 
waltungskörper, tritt auch hier wieder an die Stelle des bürger- 
lichen das Öffentliche Rechtsgeschäft, der Verwaltungsakt. 
Er bedarf, um diese Einrichtung zu schaffen und mit der nötigen 
Verfassung zu versehen, einer gesetzlichen Grundlage. Denn es 
sollen ja dadurch die aus der allgemeinen bürgerlichen und Öffent- 
lichen Rechtsordnung sich ergebenden Rechte und Ansprüche der 
Untertanen gegenüber der Öffentlichen Verwaltung beschränkt und 
anders bestimmt werden; es handelt sich um einen Eingriff 
von der Art, wie die Staatsverfassung sie dem Gesetze vorbebält. 
Dann aber bewirkt er die Gründung der juristischen Person und 
die Festsetzung ihrer Verfassung, nicht wie das bürgerliche Rechts- 
geschäft durch die von ihm in Bewegung gesetzte Kraft des Gesetzes, 
sondern durch die ihm eigene, nach jener Ermächtigung nur 
freigewordene Kraft des obrigkeitlichen Aktes (vgl. 
oben Bd. I S. 100). 
Statut oder Satzung haben wir kennen gelernt als Ausfluß 
des körperschaftlichen Selbstgesetzgebungsrechts (Autonomie), als 
Anordnung von Rechtssätzen (vgl. oben Bd. I S. 87f.). 
Auf dem Gebiete der öffentlichen Genossenschaft dienen diese 
Ausdrücke auch zur Bezeichnung von Ausflüssen der Vereins- 
gewalt, als Verwaltungsvorschriften (vgl. oben Bd. IS. 89). 
Wenn wir jetzt in der Festsetzung der Verfassung eines Ver- 
waltungskörpers einen einfachen Verwaltungsakt zu sehen 
haben, so erscheinen dabei jene Ausdrücke in einer dritten Be- 
deutung ®!, 
3 Bolze, Begriff der jurist. Pers. S. 174, wirft diese Dinge durcheinander. 
Gierke hält ja die juristischen Personen des öffentlichen und des bürgerlichen 
Rechts grundsätzlich nicht streng auseinander; er bringt deshalb auch ein für 
beide anwendbares Schema der Entstehung: neben die lieber gesehene „ge- 
nossenschaftliche Form“ stellt sich (Genossensch.Theorie S. 140) „die anstalt- 
liche Form der Erzeugung eines zu juristischer Persönlichkeit berufenen sozialen 
Willensträgers“. Das wäre also unser Fall. Gierke nennt das a. a. O. Note 2 
auch seinerseits einen Verwaltungsakt. — G. Meyer-Dochow, Verw.R.1S. 53f., 
spricht hier von behördlicher Tätigkeit, ein Rechtssubjekt selbst zu schaffen. 
„Der Verein wird Korporation, die Vermögensmasse Stiftung durch einen rechts. 
begründenden Verwaltungsakt.“ Hierbei scheint aber die juristische Person des 
bürgerlichen Rechts vorzugsweise ins Auge gefaßt zu sein.
	        
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