Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 56. Die rechtsfähige öffentliche Anstalt. 605 
schaulichere Empfänger solcher Gaben in diese Persönlichkeit mit 
hinein verwebte. Hierfür diente einerseits der Heilige, unter 
dessen Namen das Unternehmen gestellt war, andererseits eine 
Zusammenfassung von Menschen, welchen diese Gaben dabei zu- 
gute kommen werden. In dem letzteren Sinne werden gerade 
die Stiftungen, welche nicht bloß den eigentlichen kirchlichen 
Zwecken, sondern der gesellschaftlichen Hilfstätigkeit und Kultur- 
förderung dienen und deshalb besonders geeignet sind, nachher der 
Verweltlichung zu unterliegen, durchweg mit einer körper- 
schaftlichen Grundlage ausgestattet: die Armen und Elenden, 
die zu pflegenden Kranken, die zu erhaltenden Professoren er- 
scheinen als ein Verein, der die juristische Person trägt!‘. Das 
mußte von Einfluß bleiben, nicht bloß für die rechtliche Gestaltung 
dieser Öffentlichen Anstaltspersönlichkeiten, die im einen oder 
anderen Fall immer noch entsprechende Stücke in ihrer Verfassung 
bewahrt hat, sondern vor allem auch für die Art, wie die Wissen- 
schaft auf lange hinaus die juristische Person hier auffaßt und 
erklärt !1, 
10 Gierke, Genossensch.R. II S. 964 Note 8; III S. 361, S. 422 Note 16 
u. 17; IV S. 74. Die pauperes, denen die Armenanstalt, die Almosenstiftung 
zugute kommt, bilden das „collegium“, welches der pia causa als Substrat dient. 
Hübler, der Eigentümer des Kirchengutes S. 16 ff.; Meurer, Heil. Sachen II 
S. 258, 
11 S9 Kreittmayr, Cod. Max. I cap. VII $ 36 n. 8: „milde Stiftungen 
und causae piae z. E. Spitäler, Waisenhäuser, Almosenämter und in Summe alle 
andere approbierte Kommmunitäten, Corpora vel collegia. — Auch bei 
Gierke, Genoss.R. II S. 961, kommt diese Auffassung kräftig zum Ausdruck, 
wenn er als Ergebnis der Geschichte des Anstaltsbegriffes in Deutschland, neben 
den Verband der „fort und fort dem Anstaltswillen dienstbar werdenden Menschen“ 
(oben Note 4) noch die „Personengesamtheiten“ stellt, „welchen die Stiftung zu- 
gute kam“, „als Destinatäre des Nutzens“. Hier erscheint eine „Gesamtheit, 
welche durch die Anstaltsperson verbunden oder von ihr ergriffen wird“, die aber 
„nicht Willensträgerin, sondern nur Willensobjekt“ ist (S. 970). „Sie gehört dem 
Verbandskörper nur als passiver Bestandteil an. Die Anstaltsperson ist vielleicht 
für sie, aber nicht durch sie da“ (8. 971). Also ein passiver Verband neben dem 
aktiven. — Jhering, Geist des röm. R. IH S. 331 ff. u. 344 ff., hat mit seiner 
Gleichstellung von „Rechtssubjekt und Genußsubjekt“ dieser Auffassungsweise 
neuen Antrieb gegeben. Merkel, Enzykl. $ 190 erklärt demgemäß bei Korporation 
und Stiftung die „Interessenten“ als die wahren Träger des Rechts; bei einer 
öffentlichen Armenanstalt 'sind es „die jetzigen und künftigen Armen“. Durch 
die Vereinigung der beiden Fehler: laxer Verbandsbegriff und hereingezogene 
Destinatäre, kommt Meurer, Jurist. Pers. S. 34, zu dem Satze: „Also ich 
behaupte, daß auch bei den Stiftungen ein Verband, nämlich die Vereinigung der 
Genußdestinatäre, der Rechtsträger ist, und der begriffliche Unterschied von 
Korporation und Stiftung lediglich auf dem Verwaltungswege liegt.“ Im Anschluß an
	        
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