608 Die rechtsfähigen Verwaltungen.
So versieht der Staat die an ihm hängenden rechtsfähigen
Anstalten mit seinen Berufsbeamten, um ihrer juristischen
Person als verfassungsmäßige Vertreter vorzustehen. . Ähnlich ver-
fährt die Gemeinde mit den von ihr abgezweigten und selbständig
gewordenen Gemeindeanstalten. Das staatliche und gemeindliche
Ehrenamt kommt gleichfalls so zur Verwendung, einzeln oder
in Verwaltungsausschüssen zusammengefaßt, und überdies können
auch Vertreter der Bürgerschaften jener Gemeinwesen
dabei zu Worte kommen. Über die Stellung und Wirksamkeit
dieser entlehnten „Vormünder“ der rechtsfähigen Anstalt vgl. unten
859 IIm. 2.
3. Gegenüber dieser einfachen Grundform der Anstaltsvertretung
weisen manche rechtsfähige Anstalten Abweichungen und Be-
sonderheiten auf.
— Sie erscheinen vor allem in besonderen Zutaten, indem An-
gehörige des Kreises der an der rechtsfähigen Anstalt Beteiligten
herangezogen werden. Es handelt sich überall dabei um rechtlich
Beteiligte im Sinne der Gruppe der Gesicherten der juristi-
schen Person, von denen oben $ 55, IV n. 2 die Rede war, um
solche also, deren Geldleistungen der Anstalt anvertraut sind und
denen gerade die besondere juristische Persönlichkeit eine Sicher-
heit gewähren soll. Zur Erhöhung dieser Sicherheit kann
ihnen eine beschränkte Mitwirkung bei der Anstaltsverwaltung
eingeräumt werden !,
„lediglich Verselbständigungen eines von dem höheren öffentlichen Willen ab-
gezweigten Teilwillens“. Was abgezweigt wurde, ist freilich nicht ein Stück wille,
sondern ein Stück Zuständigkeit, aber dieses Abgezweigte behält allerdings der
Sache nach die Natur eines Teils von jenem größeren Ganzen, aus dem €8
stammt, und daraus fließt eine entsprechende rechtliche Zugehörigkeit und Ab-
hängigkeit.
15 So die Versicherungsausschüsse, welche nach R.Vers.Ord. $ 1351
den Versicherungsanstalten beizugeben sind, bestehend aus Vertretern der Arbeit-
geber und der Versicherten. Beide sind Gesicherte in dem allgemeineren
Sinne, den wir in der Lehre von der juristischen Person mit diesem Worte ver-
binden: sie zahlen ja ihre Beiträge für die Zwecke der Anstalt. Ähnlich noch
Bad. Sparkassenges. v. 9. April 1880 $ 11. die Ausschüsse zur Vertretung der
Einleger. Überall handelt es sich um keine Vertretung von Mitgliedern;
solche haben diese Anstaltspersönlichkeiten nicht, — Unter dem Einfluß kirchen-
rechtlicher Ordnungen sind bei weltlichen öffentlichen „Stiftungen“ noch vielfach
„Beteiligte“ anerkannt mit einem „Rechte auf die Verwaltung“ oder „auf den
Bestand“ der Stiftung, der Stifter selbst, seine Erben oder wem sonst der Stifter
einen Einfluß auf seine Stiftung eingeräumt hat, Seydel, Bayr. St.R. II S, 716.
Vgl. oben S. 604.