Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 56. Die rechtsfähige öffentliche Anstalt. 613 
an gewisse Voraussetzungen geknüpft sein, die geeignet sind, den 
Eingriff zu rechtfertigen. 
Wegfall des Anstaltsvermögens und Undurch- 
führbarkeit des Anstaltszweckes, die früher gern in 
diesem Zusammenhang genannt wurden, sind keine selbständig 
wirkenden Endigungsgründe. Wohl aber bilden sie nach der Natur 
der Sache die wichtigsten Rechtfertigungsgründe für einen Auf- 
hebungsbeschluß der Behörde ®. 
Der Beschluß kann hervorgerufen werden durch Anträge der 
Anstaltsverwaltung und des Muttergemeinwesens. Jedenfalls wird 
er ordentlicherweise nicht ergehen, ohne daß diese gehört sind. 
Aber der Schwerpunkt liegt immer bei der staatlichen Behörde *. 
2. Wenn die Anstaltspersönlichkeit in solcher Weise zum Unter- 
gange gebracht worden ist, erhebt sich die Frage, was aus den 
Dingen wird, für welche sie bisher den rechtlichen Mittelpunkt 
gebildet hatte. Man bezeichnet das wohl auch als die Frage nach 
dem rechtlichen Schicksal ihrer Hinterlassenschaft®®. Das 
Wort möchte erinnern an die Bestimmungen der $$ 45, 46 B.G.B., 
wonach das Vermögen eines rechtsfähigen Vereins, der unter- 
gegangen ist durch Auflösung oder nur die Rechtsfähigkeit verlor, 
an den Fiskus fällt, der dann wie ein Erbe zu behandeln ist. 
Allein die rechtsfähige Öffentliche Anstalt ist kein Verein. Sie 
ähnelt auch nicht der rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts, bei 
38 Der Vermögensverlust mußte nach der Lehre vom Substrat von selbst 
zerstörlich wirken auf die juristische Persönlichkeit der Stiftung. Die herrschende 
Meinung der älteren Privatrechtslehrbücher war geneigt das anzuerkennen. Nach 
B.G.B. $ 87 ist es jetzt immer Sache der Behörde, zu prüfen, ob die Erfüllung 
des Stiftungszweckes unmöglich geworden ist, und je nachdem die Aufhebung 
zu erklären. Verlust des Vermögens wäre nur ein Unterfall solcher Unmög- 
lichkeit. 
Für das öffentlichrechtliche Gegenstück, die rechtsfähige Anstalt, folgte schon 
immer aus der Natur der Sache, daß, soweit derartige Endigungsgründe überhaupt 
gesetzlich anerkannt sind, cs ganz von der Würdigung der Aufsichtsbehörde ab- 
hängt, ob ein gedeihliches Fortbestehen noch als möglich anzusehen sei oder 
nicht. Bei Öffentlichen Anstalten, die vom Staate selbst ausgehen, entscheidet 
die leitende Behörde des Verwaltungszweiges. Gierke, Deutsch. Priv.R. I 8. 643. 
%* Ein „Recht der Selbstauflösung“ mag bei privatrechtlichen Stiftungen ge- 
geben sein; bei Öffentlichen Anstaltspersönlichkeiten gibt die staatliche Ein- 
willigung stets das entscheidende Wort. Das Beispiel eines Selbstauflösungs- 
rechts, das Gierke, Genossensch.Theorie S. 850 Note 2, in Bad. Sparkassenges. 
v. 9. April 1880 $ 9 findet, stimmt nicht: auch hier tritt der Erfolg erst ein durch 
die „Genehmigung der Staatsregierung“. 
®5 Gierke, Deutsch. Priv.R. 18.644; ders.. Genossensch.Theorie 8. 654 fi.
	        
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