624 Die rechtsfähigen Verwaltungen.
Die vächste Stufe bildet die freie Vereinsbildung, zu
welcher die Beteiligten sich zusammentun. Das gibt natürlich
noch keine öffentliche Genossenschaft. Das Gesetz kann aber an-
geordnet haben, daß für einen Zweck wie der vorliegende die Be-
hörde eine solche daraus machen kann, wenn sie es für gut
findet. Zu dem Ende sind ihr die entworfenen Satzungen und
das Mitgliederverzeichnis vorzulegen. Sie prüft den Fall, verlangt
vielleicht zuvörderst noch gewisse Änderungen an den Satzungen
vertretung“, wie L, Stein das genannt hat (Vollz.Gewalt 1. Aufl. S. 373 fi). So
auch nach Pr. Handels-K.Ges. $ 1: „Die H.K. haben die Bestimmung, die Gesamt-
interessen der Handels- und Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrzunehmen, ins-
besondere die Behörden in der Förderung des Handels und der Gewerbe durch
tatsächliche Mitteilungen, Anträge und Erstattung von Gutachten zu unterstützen“.
Sie haben aber dazu noch eine bedeutsame Verwaltungstätigkeit entwickelt (H.K,-
Ges. 8 38 Abs. 2), die als öffentliche Verwaltung anzusehen ist. Ihnen gehören zu
die Kaufleute und Gewerbetreibenden dieses Bezirks; diese sind beitragspflichtig
für sie und wahlberechtigt. Es handelt sich also um eine öffentliche Genossen-
schaft; die Handelskammer ist der Vorstand, die Wahlberechtigten und Beitrags-
pflichtigen sind die Mitglieder. Wenn nun das Gesetz sagt ($ 35): „Die Handels-
kammer hat die Rechte einer juristischen Person“, so ist das ebenso schief, wie
wenn man sagen wollte: der Innungsvorstand habe die Rechte einer juristischen
Person. Lusensky, Kom., bemerkt zu diesem $ 35 Anm. 1 ($. 179): „Vom
juristischen Standpunkte aus erscheint es nicht ganz richtig, die Handelskammer,
die doch eine Vertretung eines weiteren Kreises, der Gesamtheit der Wahlberech-
tigten, ist, zum Träger von Vermögensrechten zu machen, die streng genommen
eben dieser Gesamtheit zustehen müßten“. Aber es handelt sich nicht bloß um
Vermögensrechte, sondern um die ganze Verwaltung, die hier geführt wird und
für welche die öffentlichrechtliche juristische Person die Trägerin sein soll; diese
und an ihrer Stelle weder die Gesamtheit noch ihre Vertretung. Sie kann nicht
als rechtsfähige Stiftung oder Anstalt aufgefaßt werden, sondern nur als rechts-
fähiger Verein oder Genossenschaft. Diesen Verein liefert aber doch nicht der
Vertretungsausschuß, Handelskammer genannt, durch seine Mitglieder, sondern
die Gesamtheit der Vertretenen, welche die richtigen Mitglieder der öffentlichen
Genossenschaft sind. Das Gesetz hat auch gar nicht die Absicht, jenen Aus-
schuß „nicht ganz richtiger“ Weise an die Stelle zu setzen; es drückt sich nur
schlecht aus,
Die Errichtung einer solchen Handelskammer soll wie bei der Zwangsinnung,
wenn “überhaupt, so für alle dazugehörigen Kaufleute und Gewerbetreibende des
Bezirks geschehen. Sie geschieht durch Genehmigung des Ministers für Handel
und Gewerbe (H.K.Ges. $ 2). Das wird aber nicht so aufgefaßt, daß der Minister
ganz nach freiem Ermessen damit vorgehen könnte („Genehmigung“ !); Lusensky
a. 8. O. zu $ 2 Anm. 1 (S. 66): „Voraussetzung ist, daß der Wunsch nach Er-
richtung einer Handelskammer aus dem Kreise der in der Handelskammer zu ver“
tretenden Berufsstände den Behörden gegenüber zum Ausdruck gelangt“ Also
zwar kein förmlicher Beschluß der Mehrheit der künftigen Mitglieder der Genossen-
schaft, aber doch eine gewisse Berücksichtigung dieser letzteren im Sinne des
„halben Zwanges“.