Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

634 Die rechtsfähigen Verwaltungen. 
der Behörde sein, ihre Macht zu gebrauchen, um eine Lösung der 
Frage des Nachlasses im Sinne des durch die Umstände gelieferten 
Billigkeitsmaßstabes herbeizuführen*®, 
3. Die Reichsversicherungsordnung hat zur Durch- 
führung ihrer planmäßigen Fürsorge eine Menge von Berufs- 
genossenschaften und Krankenkassen mit Genossenschaftsnatur ent- 
stehen lassen. Die in Betracht kommende Bevölkerung ist unter 
sie verteilt nach räumlichen Bezirken und nach beruflicher Zu- 
gehörigkeit. Unter den Gesichtspunkten höherer Zweckmäßigkeit 
sind die leitenden Behörden in die Lage gesetzt, Änderungen an 
den bestehenden Genossenschaften dieses Systems eintreten zu lassen. 
Diese umfassen nicht bloß Grenzverschiebungen und Änderungen 
in der zugeteilten Bevölkerungsgruppe, welche die Mitgliedschaft 
bildet. Es können auch einzelne Genossenschaften gänzlich unter- 
drückt werden durch Zusammenlegung, Einverleibung, Ersatz 
durch gleichwertige Versicherungsträger. 
Diese Maßregeln hahen das Besondere, daß sie mit verhältnis- 
mäßiger Leichtigkeit vorgenommen werden können ohne besondere 
Berücksichtigung der Mitgliederrechte. Die Änderung ist ja für die 
betroffenen Mitglieder keine so einschneidende wegen der gleichen 
gesetzlichen Notwendigkeiten, unter welchen sie überall verbleiben. 
Und ebenso bereitet die Übernahme der Verlassenschaft und die 
Auseinandersetzung darüber keine rechtlichen Schwierigkeiten; € 
handelt sich einfach um rechnerischen Vollzug der Maßregel. Ds 
Recht der Öffentlichen Verwaltung überwiegt hier durchaus wie bei 
einer reinen Staatsanstalt. Die Rechte der Mitglieder kommen 
® Gierke, Genossensch.Theorie 8. 875, weist mit Recht darauf hin, daß in 
solchen Fällen der „sozialen Dekomposition“ eine „Kombination beider Sukzessions- 
arten“ (Heimfall und Anfall) am Platze ist. Diese „Kombination“ drängt sich 
aber doch nur auf bei öffentlichen Genossenschaften ; bei bürgerlichrechtlichen Ist 
das Gegebene die Verteilung unter die Genossen. Das „Erbrecht“ des Fiskus nach 
B.G.B. $ 45 Abs. $ hat keineswegs die Natur eines Heimfalls, sondern ist Im 
I. Entw. ein Rest des alten fiskalischen Anspruchs auf die bona vacantia ge- 
wesen, in II. Les. ist ihm dann der Gedanke zugrunde gelegt worden, „daß der 
Fiskus allein imstande sei, das Vermögen den ihm gesetzten Zwecken in 3D- 
gemessener Weise zu erhalten“ (Prot. I S. 546). Daher auch die Einschärfung 
wegen der Verwendung in $ 46 S.2 hinzugefügt wurde. Die „gesetzten Zwecke 
sind aber bei dem bürgerlichrechtlichen Verein schlechthin die Zwecke der Mit- 
glieder. Der Fiskus ist ihr Treuhänder. Bei der öffentlichen Genossenschaft 
handelt es sich darum, das nachgelassene Vermögen den Zwecken der öffentlichen 
Verwaltung zu bewahren, der es gedient hat, und unter den möglichen Arten 
derselben einem solchen, der den besonderen Zwecken der Mitglieder „tunlichst“ 
entspricht.
	        
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