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nur zur Geltung in der Selbständigkeit der Gesamtheit dieser
juristischen Persönlichkeiten gegenüber Staat und Reich und in
der genossenschaftlichen Mitwirkung an der Lebenstätigkeit der
bestimmten einzelnen Körperschaft, der man jeweils angehört *°.
8 58.
Die Gemeinde.
Die Gemeinde ist eine auf der Zusammenordnung
der Wohnstätten beruhende Gemeinschaft von dazu
gehörigen Menschen mit eigener juristischer Per-
sönlichkeit für die ihr zukommende öffentliche Ver-
waltung!.
I. Weil die juristische Persönlichkeit der Gemeinde dazu da
ist, ein zugehöriges Stück Öffentlicher Verwaltung zu tragen, ist
“0 R.Vers.Ord. 38 264 ff. u. 635 ff. So bemerkt Rosin, Arbeiterversicherung
IS. 676 ff., zutreffend, daß die „verstärkte Kraft, mit welcher das öffentliche
Interesse bei der Begründung dieser Verbände sich durchzusetzen vermochte, bei
Bestandsveränderungen noch energischer in die Erscheinung tritt“,
! Haenel, St.R. I S. 141, bezeichnet die Gemeinde als „korporativen Ver-
band“, und zwar als „absoluten Zwangsverband“, dessen „spezifischen Gehalt aus-
macht die Bestimmung für solche Gemeinzwecke, welche ihren Inhalt oder doch
ihre wesentliche Richtung durch die Tatsache räumlichen Zusammen-
wohnens gewinnen“. Ähnlich Halbey, Gem.Verf. u. Verw.R. 8.4: „Ein Organis-
mus der örtlichen Gemeinschaft, welcher, auf dem nachbarlichen Zu-
sammenwohnen der zu ihm gehörigen Personen beruhend, die gemeinsamen
Kultur- und Wirtschaftsinteressen des engsten drtlichen Verbandes umfaßt“.
Rosin in Annalen 1883 S. 291: Zweck der Ortsgemeinde ist „die Befriedigung
der auf dem örtlichen Zusammenwohnen und der nachbarlichen
Lage der Grundstücke beruhenden Gemeindebedürfnisse“* (Gemeinbedürf-
nisse?). In der förmlichen Definition S. 292 ist dann die Gemeinde „die öffentlich-
rechtliche, nicht souveräne Gesamtpersönlichkeit zur Befriedigung örtlicher
Gemeininteressen innerhalb des Staates“. Für das, was gemeint ist, die auf
dem räumlichen Zusammenwohnen beruhenden öffentlichen Interessen, ist das
Wörtchen „örtlich“ ein etwas knapper Ausdruck. Noch knapper in der Gegen-
überstellung: „Die Gemeinde ist der Organismus der örtlichen Gemein-
schaft, der Staat der Organismus der Volksgemeinschaft“ (Brater in Staats-
wörterbuch IV S. 112). Auch eine Wassergenossenschaft besorgt aber örtliche
Gemeininteressen und ist der „Organismus“ einer örtlichen Gemeinschaft. —
G. Meyer-Anschütz, St.R. $ 111: „Gemeinden sind die kleinsten politischen
Gemeinwesen, denen die Verwirklichung der politischen Aufgaben in örtlicher
Begrenzung obliegt“. Aber eine solche örtliche Begrenzung findet sich auch
bei der Krankenkasse. Der Schwerpunkt läge also bei dem Begriff „politische
Aufgabe“, der hier verwertet wird. Was eine politische Aufgabe sei, wird aber
dadurch kaum genügend klargestellt, daß man auf „die sachliche Unbegrenztheit
des Wirkungskreises“ verweist (a. a. O. $ 1 n. 1). Vgl. auch unten Note 10.