Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

5 58. Die Gemeinde. 648 
Wir haben mit den Gemeinden und ihren Rechtsinstituten nur 
insoweit zu tun, als der innere Zusammenhang mit den anderen 
untergeordneten juristischen Personen des öffentlichen Rechts es 
erfordert. Denn diesen Zusammenhang zu pflegen und klarzustellen, 
ist wieder nicht sowohl Aufgabe der Staatsrechtswissenschaft, als 
die unsrige. 
II. Indem die Gemeinden und die Verteilung des Staatsgebietes 
unter sie zur ordentlichen Einrichtung des Staates gehören, stellt 
sich die Frage nach Entstehung und Untergang hier ganz 
anders als bei den rechtsfähigen Anstalten und den Genossen- 
schaften. Dort ein ständiges Werden, ein Auftauchen je nach 
Zeit, Ort und Gelegenheit und wieder Verschwinden, was den 
Regeln, nach welchen es erfolgen soll, Wichtigkeit gibt. Hier nur 
verhältnismäßig geringfügige Bestandsveränderungen innerhalb der 
im wesentlichen gleichbleibenden Masse. Die Trägerschaft der 
Pflichten der Reichsversicherung, die das Reichsgebiet ständig und 
Rechtswissenschaft an dem Begriff „Selbstverwaltung“ wenig Freude erlebt. Vgl. 
die kritischen Literaturübersichten bei Gluth, Lehre von der Selbstverw. S.4—64 ; 
Blodig, Die Seıbstverw. als Rechtsbegriff S. 4—14; Hatschek, Die Selbstverw. 
S, Aff.; ders., in Wörterb. d. D. St. u. Verw.R, III S. 419 ff.; Laband, St.R. 
(2. Aufl.) IS. 93. Von Haus aus handelt es sich hier um ein Schlagwort, das 
aufgekommen ist, um die angestrebte größere Selbständigkeit der Gemeinden zu 
bezeichnen und den Gegensatz zu ihrer hergebrachten „bureaukratischen Bevor- 
mundung“. Laband, St.R. I S. 103 Note, sucht den Begriff, rein juristisch, auf 
den Gegensatz zu stellen, daß die Körperschaft, die juristische Person, anstatt 
„verwaltet zu werden“, „selbst verwaltet“ (früher, 3. Aufl. I S. 94, hieß es „sich 
selbst verwaltet“). Von diesem Gesichtspunkt aus kommt Preuß, Gem., Staat, 
Reich S. 225, zu dem Satz, daß der Staat der höchste Selbstverwaltungskörper 
sein müsse. Allein der Selbstverwaltungskörper wird allerdings verwaltet: durch 
die Regierung kraft ihres Aufsichtsrechts (vgl. unten $ 61). Die Selbstverwaltung 
bedeutet, daß diese Verwaltung von oben herunter möglichst zurückgedrängt werde 
zugunsten des Machteinflusses der Körperschaftsmitglieder. Die Gemeinde als 
Körperschaft hat Selbstverwaltung, wenn der Schwerpunkt der Gemeindegewalt 
liegt bei der Gemeinde als Gemeindemitgliederschaft (vgl. unten III n. 2), Wir 
nennen die Gemeinde einen Selbstverwaltungskörper, weil sich mit dieser Körper- 
schaft bei uns die Forderung verbindet, daß sie zur Selbstverwaltung in jenem: 
Sinne eingerichtet sei. Die Gemeinde ist aber Gemeinde, auch wenn die Forde- 
rung an ihr sich nicht verwirklicht, auch wenn z. B. die ganze Gemeindegewalt 
zugunsten eines landesherrlichen Kommissarius beschlagnahmt wäre. Es steht 
hier ähnlich wie mit dem Schlagwort Rechtsstaat, das auch eine Einrichtung 
bedeutet und eine Forderung, sie möglichst zur Wirksamkeit gelangen zu lassen. 
Vgl. oben Bd. 1 $ 5, III. — Vorsorglich sei aber doch bemerkt, daß die Richtig- 
keit unserer Lehre nicht davon abhängt, ob man solches als Selbstverwaltung 
bezeichnen will oder das Wort lieber für etwas anderes vorbehält. Es verlohnt 
sich nicht, darum zu kämpfen. 41°
	        
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