Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 58. Die Gemeinde. 645 
Wichtig sind allein die Änderungen, die im Gesamtbestande 
der Gemeinden herbeigeführt werden durch Verschiebungen. 
Auch sie vollziehen sich in Gestalt einer anderweiten Verfügung 
über das Gebiet. 
‚Es kann sich dabei um eine bloße Grenzveränderung 
handeln. Auch das berührt die Rechte der Gemeinde. Aber ihr 
Dasein ist von der Änderung nicht bedingt; sie wird auch nicht 
wesentlich anders. Deshalb pflegt dergleichen in leichteren Formen 
vor sich zu gehen, etwa einseitig durch Verfügung der Aufsichts- 
behörde nach Anhörung der beteiligten Gemeinden !?, 
Dagegen bedeutet es einen tiefergehenden Eingriff, wenn ein 
beträchtlicher Gebietsteil losgetrennt werden soll mit einem Stück 
Bevölkerung darauf. Das kann geschehen zur Vergrößerung 
einer anderen Gemeinde oder um es zu verwenden zur Gründung 
einer neuen. Hierher gehört auch die Trennung einer Ge- 
meinde in zwei sowie die Vereinigung zweier Gemeinden zu 
einer neuen. Der Hauptfall ist im Zusammenhang mit dem Wachs- 
tum unserer Großstädte der der Einverleibung einer Gemeinde 
in die andere geworden, der Fall der Eingemeindung. Das 
Verfahren, das für diesen letzteren gilt, darf als vorbildlich gelten 
für alle. 
Voraussetzung ist die Zustimmung der beteiligten 
Gemeinden; das Gesetz gibt wenigstens den Behörden ordent- 
licherweise keine Ermächtigung, es ohne diese zu machen, und von 
Wasserleitung zu schützen. Auch der Ausdehnung des ausmärkischen Staats- 
forstes ist schon eine Schwarzwaldgemeinde auf diesem Wege zum Opfer gefallen. 
In solchen Fällen wird es eines obrigkeitlichen Ausspruches nicht mehr bedürfen, 
um die juristische Person der Gemeinde zu beseitigen, die allein noch übrigbliebe. 
Man hat einen Untergang der Gemeinde auch annehmen wollen für den Fall, daß 
sie ihre Mitglieder verlöre durch Auswanderung oder Aussterben (Pözl, Bayr. 
Verf.R. S. 245 Note 7). Allein sie kann ja hier durch Neuansiedelung wieder Mit- 
glieder bekommen; dann ist keine Neugründung notwendig, es sei denn, daß in- 
zwischen die förmliche Auflösung ausgesprochen worden war. In den vorhin an- 
geführten Fällen hatte die Gemeinde nicht nur ihre Mitglieder, sondern auch ihr 
Gebiet verloren und damit die Möglichkeit einer Neubelebung; ein Truppenübungs- 
platz kann zu einem Gemeindegebiet gehören, aber für sich allein keines bilden. 
Gierke, Genossensch. Theorie S. 841, erkennt deshalb ein solches „Wegfallen des 
sachlichen Substrates“ als einen Endigungsgrund „ohne darauf gerichtete Hand- 
lung“. Derartige Fälle sind natürlich selten. , 
11 Auch das staatliche Verfassungsrecht unterscheidet bloße Grenzberich- 
tigungen von Gebietsabtretung und gibt für erstere erleichterte Formen, während 
diese eine Verfassungsänderung bedeutet: O. M., Sächs. St.R. S. 20. — Vgl. Oertel, 
Pr. Städte-Ord. S. 10; Halbey, Gem.Verf. S. 249; Kahr, Gem.Ord. (Bayr.) 
S. 97 £.; Karner, in Bl. f. adm. Pr. LVIL S. 158 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.