646 Die rechtsfähigen Verwaltungen.
selbst versteht das sich nicht. Die Gemeinden müssen sich dabei
nicht nur einigen über den Hauptpunkt, die Einverleibung , son-
dern auch über die Einzelheiten der Durchführung, Vorteile, die
man sich ausbedingen will, Vorbehalte, die gemacht werden sollen.
Das Ganze stellt sich äußerlich dar wie ein Vertrag und nennt
sich auch meist ausdrücklich so.
Die Abmachung ist aber nicht bindend. Jede Gemeinde kann
frei davon zurücktreten, bis die staatliche Behörde ihre Ge-
nehmigung erteilt hat. Erst durch diese wird die Einverleibung
rechtswirksam *®,
Das bedeutet freilich nicht, daß nunmehr ein Vertrag auf
Einverleibung wirksam geworden ist. Die Gemeinde hat ein Recht
auf ihr Dasein, auf ihr Gebiet und ihr Volk. Aber damit ist nioht
gesagt, daß ihre Vertretung über diese Grundlagen verfügen kann.
Es bedeutet nur, daß die staatliche Behörde nicht gegen ihren
Willen darüber verfügen kann. Mit ihm kann sie es. Der Ein-
verleibungsvertrag hat also nur die Bedeutung, die Voraussetzung
zu liefern, unter welcher der Ausspruch der Behörde auf
Einverleibung gültig ergeht. Dieser ist es, der die’ Wirkung
trägt und die Verfassungsänderung, die darin liegt, herbeiführt 2
"8 Im Jahre 1912 hatte die Gemeinde Leutzsch mit der Stadt Leipzig nach
langen Verhandlungen einen ausführlichen Einverleibungsvertrag abgeschlossen;
die Sache ging an das Ministerium zur Genehmigung; bevor aber dieses ge-
sprochen hatte, widerrief die Gemeinde Leutzsch, worauf das Ministerium wegen
mangelnder Grundlagen das Verfahren einstellte. — Karner, in Bl. f. adm. Pr.
LVII S. 200, sieht in dem Bestehen eines solchen Widerrufsrechts den Beweis,
daß es sich nicht um einen „Verpflichtungsvertrag“ handle; allein das gleiche
könnte doch wohl auch bei einem richtigen Verpflichtungsvertrag der Gemeinde
vorkommen, solange er mangels der erforderlichen Aufsichtsgenehmigung noch
nicht vollendet ist.
19 Hier stehen sich zwei Meinungen gegenüber: die eine behauptet eineD
richtigen Vertrag der Gemeinden, der die Einverleibung bewirke, die andere
sieht darin einen sogenannten Gesamtakt. Die erstere Auffassung vertritt vor
allem Brockhausen, Vereinigung und Trennung von Gemeinden 8. 52 fi; er
geht dabei aus von dem österreichischen Recht, dessen Bestimmungen nach seiner
Ansicht der „freien“ Gemeinde gestatten, selbständig über sich zu verfügen (8.318)
Der Vergleich mit der Gründung des Deutschen Reichs (8. 2 Note 1) trifft aber
deshalb nicht zu, weil es dort um souveräne Staaten sich handelte. Und das. Ein-
spruchsrecht der österreichischen Statthalterei wie die notwendige „Bewilligung
des Landesausschusses werden unterschätzt: ein gleichwertiges Aufsichtsrecht wie
das der Staatsbehörde kann im übertragenen Wirkungskreis auch von einer Stelle
des oberen Selbstverwaltungskörpers über den unteren ausgeübt werden (vgl. hier
unten III n. 1). Auch hier ist es also schließlich diese „Bewilligung“, welche cr
Änderung fertig macht. — Für den Gesamtakt spricht sich aus Karner, IN Bl.