660 Die rechtsfähigen Verwaltungen.
heiten zu beschließen. Die Ortsgemeinde ist hier in sich selber
stufenweise aufgebaut: die einzelne Untergemeinde und die ge-
meinsame Obergemeinde, sogenannte Samtgemeinde oder Ge-
samtgemeinde, bilden zusammen erst die volle Gemeinde ®!.
Der Amtsbezirk der preußischen Kreisordnung ist im Sinne
der bayrischen Bürgermeistereien (oben Note 40) geordnet. Der
Amtsvorsteher ist staatlicher Ehrenbeamter zur Ausübung der
Polizei*®; der Amtsausschuß, eine Versammlung der Vorsteher der
Gemeinden, ergänzt durch andere Abgeordnete derselben, hat die
Bedeutung einer besonderen Volksvertretung für den Amtsbezirk
gegenüber dieser staatlichen Verwaltung. Er gibt seine Zustim-
mung zu Polizeiverordnungen und beschließt über die für die:
Polizeiverwaltung aufzubringenden Mittel. Insoweit hat der Amts-
bezirk dann auch juristische Persönlichkeit des öffentlichen Rechts®*.
Er ist aber kein Selbstverwaltungskörper, kein Gemeindeverband in
der hier angenommenen Bedeutung. Die vom Amtsvorsteher im
Namen des Königs und im staatlichen Ehrenamte verwaltete Polizei,
dieja alseigene Angelegenheiteines Selbstverwaltungskörpers nirgends
erscheint, gehört hier nicht einmal zum übertragenen Wirkungskreis
eines solchen **. Die juristische Person des Amtsbezirks ist nur
insoweit daran beteiligt, als ihr obliegt, die Mittel dafür bereitzu-
halten. Sie hat etwa die Bedeutung der juristischen Persönlich-
keit der bayrischen Ortschaft (vgl. oben n. 1), gehört aber wie
diese immer noch dem öffentlichen Rechte an.
#1 Preuß. Ges. v. 15. Mai 1856, betr. die Gem.Verf. in der Rheinprovinz I
$3 7f. u. 76 („der Vorsteher ist ein Organ des Bürgermeisters“). In der Provinz
Westfalen besteht eine ähnliche Einrichtung; hier heißt der gemeinsame Vorstand
Amtmann (Landgem.Ord. v. 19. März 1856 $ 4); die Gemeindevorsteher genießen
aber größere Selbständigkeit. Vgl. v. Bitter, Handwörterb. d. Pr. Verw. Art:
Samtgemeinden, Bürgermeistereiverbände und Amtsverfassung.
+9 Kreis-Ord. v. 18. Dez. 1872 58 56 fi.
*2 Kreis-Ord. $ 55. Der $ 53 der Kreis-Ord. beabsichtigte, dem Amtsbezirke,
d.h. dem Amtsvorsteher und Amtsausschusse, durch übereinstimmenden Beschluß
der Gemeinden und Gutsbezirke auch einzelne Kommunalangelegenheiten über-
weisen zu lassen, nach Vorbild der rheinischen Bürgermeistereien also. D
Landgem.Ord. $ 146 wurde diese Bestimmung beseitigt. Etwaige Vereinigungs-
bedürfnisse werden jetzt in der Form von Zweckverbänden (vgl. unten 360, In )
zu befriedigen sein. Mit dem Wegfall der in Aussicht genommenen Zutaten von
Kommunalangelegenheiten hat die juristische Persönlichkeit des Amtaberirks ihre
Bedeutung eingebüßt.
‚ ,* Vgl. oben Note 25. Über das Verhältnis der neuen Einrichtung des Amts-
bezirks zu den alten Bürgermeistereien im Rheinland vgl. Bericht der KommisioR
des Herrenhauses über IL. Entw. d. Kreis-Ord.; v. Brauchitsch, Materialien
ITS. 1191 #.