$ 59. Das Recht der Vertreterschaft. 663
— Zum anderen betrifft es die Vertreter persönlich, wenn die
Vertretungsordnung Regeln dafür aufstellt, wie sie das werden
und welche Rechte und. Pflichten ihnen daraus erwachsen. Den
Inbegriff dieser Regeln bezeichnen wir als das Recht der Ver-
treterschaft der rechtafähigen Verwaltung. Im Gegensatz zu
dem Ersterwähnten ist dieses öffentlichrechtlicher Natur und hier
zur Darstellung zu bringen®,.
Das Recht der Vertreterschaft kann auf zweierlei verschiedenen
Titeln beruhen und ist je nachdem durchweg verschieden gestaltet.
Der Vertreter nimmt seine Berufung entweder aus dem Recht
der Mitgliedschaft oder aus dem ihm verliehenen Amte.
I. Mitglieder oder Angehörige hat hier nur die Körper-
schaft, also die Öffentliche Genossenschaft oder Gemeinde®. Es sind
die Menschen, für welche die juristische Person da ist, indem sie
ihren Zwecken zur Verwirklichung dient’. Was sie betreibt, das
sind eigentlich Zwecke dieser Mitglieder, rechtlich losgelöst von
ihnen durch die juristische Person und ersetzt durch ein ihnen
nüchternen Erwägungen der Gerechtigkeit. Die „Organologie“ hat hier wieder
nur den Namen hergegeben, nicht ihre Gedanken. Vgl. R.G. 17. Jan. 1908
(Entsch. LIU S. 278).
Die in B.G.B. vorgenommene Abgrenzung einer engeren Vertreterschaft wurde
allerdings später in der Rechtsprechung nicht beobachtet, als es galt, den Staat
oder die Gemeinde auch auf dem Gebiete der öffentlichen Verwaltung den Forde-
rungen der Billigkeit gemäß zu Schadeäsersatz für allerlei Beamte heranzuziehen.
Vgl. Lenel in D.J.Z. 1902 S. 9 ff. Das schöne Wort „Organ“ hat dabei ge-
holfen.
® Man spricht von „Sozialrecht“, „organischem Recht“, Recht der „Organ-
personen“ und von einer „organischen Anschauung“ in dem Sinne einer höheren
Einheit, die Privatrechtliches und Öffentlichrechtliches überspannt. Wir haben es
bloß mit Verwaltungsrechtsinstituten zu tun. Daß dabei gewisse Verwandtschaften
mit ähnlichen Erscheinungen des bürgerlichen Rechts zutage kommen, ist uns
nichts Ungewohntes. Neu ist nur, daß hier solche Berührungen auch mit dem
staatlichen Verfassungsrecht bestehen.
® Vgl. oben 8 55, UIn.2u.IV.n.l.
? In gewissem Maße können auch juristische Personen und sogar der Fiskus
— der gewöhnliche Privatmann — die Stelle eines Mitgliedes oder Angehörigen
der Körperschaft einnehmen; namentlich bei den Wassergenossenschaften, wo der
beteiligte Grundbesitz zum Mitglied macht, ist das der Fall. Hier wird dann der
Vertreter des Mitgliedes an der Vertretung der Körperschaft teilnehmen. In
gleicher Weise kommen wohl auch Vertreter von Geschäftsunfähigen in Betracht.
Das sind Behelfe. Den ordentlichen Fall liefert der Mensch und der handlungs-
fähige Mensch, der auch in der Lage ist, Vertretungshandlungen selbst zu leisten. —
Für Gierke, Genoss.Theorie S. 683, ist eine juristische Person „als Trägerin
der Organstellung“ für eine andere etwas ganz Natürliches.