Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 4. Wirkungen der Enteignung. 61 
Zu dem Ende werden der Vereinbarung gewisse Erleichterungen 
bezüglich der Form des Abschlusses gewährt, indem nament- 
lich die Beurkundung durch die Enteignungsbehörde oder ihren 
Vertreter das sonst vom bürgerlichen Recht dafür Vorgeschriebene 
ersetzt *®, 
Vor allem aber darf der Unternehmer, wenn er sich auf diese 
Art der Erledigung einläßt, nicht des Vorteils verlustig gehen, 
welchen die durchgeführte Enteignung ihm durch ihre ursprüng- 
lich wirkende Kraft bereitet hätte (vgl. oben In. 2). Des- 
halb verbindet das Gesetz mit dem Abtretungsvertrag, der zwischen 
dem Unternehmer und seinem rechtmäßig gewählten Enteignungs- 
gegner (oben $ 33 Note 34) geschlossen wird, die gleichen Wirkungen 
gegen Dritte, welche ein Enteignungsausspruch erzeugt haben 
würde. Das kann nicht so geschehen, daß einfach dem Vertrage 
selbst diese Wirkungen zugeschrieben würden. Denn der Vertrag 
ist zivilrechtlicher Natur und steht unter dem B.G.B.; der Vor- 
behalt im E.G. Art. 109 trifft nicht zu‘. Das Erlöschen der ding- 
lichen Rechte wird vielmehr bewirkt durch eine dem Vertrag an- 
gehängte, seine Bestimmungen zum Inhalt nehmende „obrigkeitliche 
Verfügung“. Der Vertrag wird in dieser Hinsicht gewissermaßen 
ergänzt durch ein vereinfachtes Enteignungsverfahren 7. — 
  
zöge der Eigentümer angesichts jenes Anspruches es vor, sich freiwillig seinem 
Geschick, welches er als unabänderlich erkannt hat, zu unterwerfen: „er verkauft 
nicht sein Grundstück, sondern er läßt es sich nehmen“. Allein dieses „Sich- 
uehmenlassen“ könnte, selbst den „Enteignungsanspruch“ einmal zugegeben, 
Eigentum doch nur dann erzeugen, wenn ein Rechtssatz, ein Gesetz bestünde, das 
diese Wirkung damit verbinden wollte als einen Erwerb ex lege. Dergleichen 
Ist nicht vorhanden; also muß ein Rechtsakt da sein, der den Eigentumswechsel 
bewirkt, entweder ein Verwaltungsakt, das wäre die Enteignung, oder ein Vertrag, 
das ist unser Fall. Will man weder das eine noch das andere voraussetzen, su 
1st nicht einzusehen, wie eine Rechtsänderung überhaupt zustande kommen soll. — 
In diesem Sinne gegen Laband und Grünhut auch schon G. Meyer in Ztschft. 
f. d. deutsche Gesetzgebung VIII S. 581 Anm. 73, 
* Pr. Ent.Ges. $ 26 Abs. 2; Bayr. Ent.Ges. (A.G. z. B.G.B.) Art. 55, jetzt 26; 
Säche, Ent.Ges. $ 78. Ältere Gesetze enthalten noch besondere Erleichterungen für 
die Verträge Geschäftsunfähiger: Franz. Ges. v. 1841 Art. 13; Pr. Ent.Ges. $ 17. 
n Planck, Komm. z. E.G. Art. 109 Anın. 1. 
So Pr. Ent.Ges. $ 16 Satz 3: das gewöhnliche Enteignungsverfahren wird 
nachträglich doch noch durchgeführt, aber 30, „daß alle Streitfragen 
y. scheiden » welche den Unternehmer und Eigentümer selbst betreffen und das 
wahren sich nur auf die Realberechtigten beschränkt“. Eger, Ent.Ges. II 
« 56. — Sächs. Ent.Ges. $ 78 läßt die Wirkungen gegen Dritte einfach dadurch 
entstehen, daß die Enteignungsbehörde den vor ihr abgeschlossenen oder ihr vor- 
gelegten Vertrag des Unternehmers und des Eigentümers bestätigt.
	        
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