674 Die rechtsfäbigen Verwaltungen.
Als Wahl bezeichnet man wohl auch den Mehrheitsbeschluß
einerkollegialen Gemeindebehörde, des Magistrats, Stadt-
rates, sofern er eine Ernennung enthält. Das fällt noch unter die
zuerst angeführten Formen: es ist in Wahrheit ein Verwaltungsakt.
Eine Wahl kann möglicherweise auch vorkommen als Be-
dingung für die Anstellung, die auf Grund derselben voll-
zogen wird durch einen behördlichen Akt, einen Akt der Gemeinde-
behörde oder der staatlichen Aufsichtsbehörde. Auch da ist das
Wirkende die behördliche Ernennung.
Unser Fall ist uur der, wo die Wahl kraft Mitgliedschaftsrechts
unmittelbar Amt und Dienstpflicht begründen soll,
Sie geht aus von den Gemeindebürgern oder von Versammlungen ihrer
abgeordneten Vertreter: Stadtverordneten, Gemeinderäten, Ge
meindebevollmächtigten, Bürgervorstehern. Es kann aus den
letzteren für den Zweck der Wahl noch ein engerer Ausschuß be-
stellt werden. Es können auch Mitglieder des Rates, des Magi-
strats hinzutreten, um einen gemischten Wahlkörper zu bilden;
die.rechtliche Natur der Wahl bleibt dieselbe.
In dieser Weise werden Gemeindevorsteher, Bürgermeister,
Magistratsmitglieder bestellt.
Die Bestätigungen, welche etwa noch dazu kommen
müssen von seiten der staatlichen Aufsichtsstelle, ändern nichts
daran, daß der Schwerpunkt der Wirkung in dieser Wahl liegt °°.
Erforderlich ist immer die Annahme des Gewählten; daß
bei Ehrenämtern eine Pflicht zur Annahme besteht, stimmt wieder
überein mit dem, was beim staatlichen Ehrenamte Rechtens zu
sein pflegt. Der entscheidende Rechtsvorgang selbst wird dadurch
nicht berührt ®®,
®% Preuß, Städt. Amtsr. 8, 169 ff., gibt eine Darstellung der geschichtlichen
Entwicklung des staatlichen Bestätigungsrechts für gewählte Bürgermeister und
andere Magistratsmitglieder in Preußen. Ursprünglich ist diese Bestätigung
zweifellos als eine Ernennung aufgefaßt worden, wobei die Wahl durch die Stadt-
verordneten nur die Bedeutung eines Vorschlags behält. So ist ja die Bestätigung
des Gutsbesitzers als Gutsvorstehers heute noch anzusehen: sein Besitz wirkt wie
ein Vorschlagsrecht (vgl. oben $ 44 Note 33). Preuß vertritt die folgerichtige
Durchführung des Gedankens, wonach jetzt die Wahl die „Organbestellung“ voll-
zieht, die Bestätigung aber nur die Ausübung eines Aufsichtsrechts bedeutet und
um des Rechtsstaates willen — besser gesagt: um des Grundsatzes der Selbst-
verwaltung willen — nur aus bestimmten Gründen soll verweigert werden dürfen
(0. 0.0. 5. 204 ff). Ob aber Rechtsstaat oder Selbstverwaltung, in beiden Fällen
bedeutet es immer nur eine Forderung; die Prüfung, wieweit sie im geltenden
Rechte verwirklicht ist, darf allerdings in gewissem Maße von einer bejabenden
Vermutung ausgehen. 8 Vgl. oben $ 44, IIn. 93.