$ 60. Zusammenwirken rechtsfähiger Verwaltungen. 703
Die Übernahme kann auch erfolgen einseitig kraft eines
Rechts des Übernehmenden, das ihm dazu eingeräumt ist,
ohne und gegen den Willen des anderen Verwaltungskörpers, der
zunächst berufen wäre. Dazu bedarf es eines besonderen Rechts-
titels, wie ihn namentlich eine gesetzliche Bestimmung verleihen
kann®, Auch diese beruht dann auf dem Gedanken, daß der
Übernehmende durch seine Aufgabe gleichfalls zur Erledigung
des Falles berufen sei, und gibt ihm Anspruch darauf, sich den
Vorrang zu verschaffen. Das Verhältnis, das zwischen den Be-
teiligten so entsteht, ist dann das gleiche wie bei der Verein-
barung. "
Der Übernehmende ist nicht genötigt, bei der Durchführung
zu verharren; es bleibt ihm frei, zurückzutreten. Sofern Dritten
gegenüber, zu deren Gunsten eben die Leistung Öffentlicher Ver-
waltung geschehen sollte, eine Gebundenheit entstanden ist, muß
diese natürlich beobachtet werden ®®.
können, bei welchem der endgültig verpflichtete Armenverband die unmittelbare
Gewährung der Armenpflege derart übernimmt, daß der Armenverband des
Aufenthaltsortes die Auszahlung der Unterstützungen nur auf Anweisung und für
Rechnung des ersteren zu bewirken hat“. Das Ergebnis bezeichnet er dann mit
der Ausdrucksweise des $ 8 dahin, daß der eine Armenverband sich des anderen
„als seines beauftragten Organs bedient“. Von „Vertragsverbältnis“ (B.A. f. H.W.
22, Febr. 189%, Entsch. XXII 8.90), „mandatsartigem Verhältnis“ (B.A. f. H.W.
5. Nov. 1892, Entsch. XXV S. 117) ist auch sonst viel die Rede, ohne daß man
darin ein Zeugnis für die privatrechtliche Natur des Rechtsverhältnisses sehen
dürfte. Im Gegenteil, das B.A. erkennt ja in solchen Fällen seine Zuständigkeit
doch an als in öffentlichrechtlichen Sachen und gewährt den Erstattungsanspruch
nicht nach bürgerlichem Recht, sondern, wie im letzterwähnten Falle, „nach all-
gemeinen Rechtsgrundsätzen“. — Eger, U.W.G. S. 321 u. 322, unterscheidet:
„Aufträge, welche im öffentlichen Armenrechte ihre Quelle haben“, und solche,
„welche auf einem rein privatrechtlichen Titel beruhen“. Die Streitigkeiten aus
letzteren gehören nicht „zur Kompetenz der armenrechtlichen Spruchbehörden“ ;
die ersteren wohl, sie sind also armenrechtlicher, d. h. öffentlichrechtlicher Natur.
Diesen ersteren stellt Eger gleich „Ansprüche aus Verträgen zwischen Armen-
verbänden über die Öffentliche Unterstützung, welche zum Vollzuge und in Be-
tolgung armengesetzlicher Vorschriften und Bestimmungen abgeschlossen sind“.
Darin sind die Aufträge, die „im Armenrechte ihre Quelle haben“, eigentlich
schon mit enthalten; denn sie sind auch Verträge. Rechtsgeschäfte haben aber
ihre „Quelle“ immer nur im Willen des Handelnden. Der richtige Gedanke ist,
daß beide Teile hier auf dem Boden der gemeinsamen armenrechtlichen Pflichten
und damit des öffentlichen Rechts stehen. Diese Art von öffentlichrechtlichen
Aufträgen reicht aber viel weiter, als Eger zugeben will.
38 So die Übernahme des Heilverfahrens durch den Träger der Unfall-
versicherung an Stelle der Krankenkasse nach R.Vers.Ord. $ 1513 Abs. 1.
*° Ein solcher Fall würde etwa eintreten, wenn man infolge der vereinbarten