$ 34. Wirkungen der Enteignung. 65
Solchem Verhalten des Unternehmers gegenüber bedarf der,
gegen welchen das Verfahren sich richtet, eines Schutzes. Die
Einleitung des Verfahrens hat ihm wirtschaftliche Nachteile be-
reitet. Er ist seines Besitzstandes nicht mehr sicher gewesen,
konnte nichts Neues mit dem Grundstücke anfangen, war möglicher-
weise auch rechtlich in der Verfügung darüber beschränkt. Kommt
die Enteignung schließlich zustande, so wird er in der ihm zu ge-
währenden Entschädigung auch für diese Nachteile Deckung finden.
Im Falle des Rücktritts oder der Verwirkung aber bleibt das aus,
und deshalb wird hier anderweit vorgesorgt; dieses auf zweierlei
Weise.
Das einfachste ist die Gewährung eines selbständigen Ent-
schädigungsanspruchs wegen nicht durchgeführter
Enteignung. Der Anspruch ist von der nämlichen rechtlichen
Natur wie der auf die eigentliche Enteignungsentschädigung. Er
setzt kein Verschulden voraus und gründet sich nicht auf Vertrag,
ist überhaupt nicht zivilrechtlicher Art. Sein Grund liegt einzig
in der Tatsache, daß Einem aus dem Vorgehen der öffentlichen
Verwaltung ein ungleicher Nachteil, ein besonderes Opfer erwuchs,
wofür nach den Regeln der dffentlichrechtlichen Entschädigung
(unten $ 53) ein billiger Ausgleich zu gewähren ist. Entschädi-
gungspflichtig ist wieder der Unternehmer als der Träger des be-
für einen beliehenen Unternehmer handelt: er kann auf das ganze Unternehmen,
d. h. auf seine Beleihung damit und das dadurch für ibn begründete Recht ver-
zichten; dann hört er auf, fähig zu sein zur Betreibung eines Enteignungsverfahrens.
Es bedürfte zuerst einmal einer neuen Verleihung des Eisenbahnunternehmens
oder was eg ist (vgl. oben S. 16). Bei dem Rücktritt, von welchem hier die
Rede ist, handelt es sich lediglich um einen solchen vom Enteignungsverfahren.
Er steht der Zurücknahme einer zivilgerichtlichen Klage gleich oder der Zurück-
nahme eines Gesuches um gewerbepolizeiliche Erlaubnis. Die Bezeichnung „ver-
liehenes Enteignungsrecht“ für die Stellung des Unternehmers im Verfahren (vgl.
oben $33 Note 19 u. 23) ist geeignet, diese beiden verschiedenen Dinge verschwimmen
zu machen. Sächs. Ent.Ges. $12 Abs.3 und $ 76 Abs. 1 ist bestrebt, den Rück-
tritt vom Unternehmen und den vom Enteignungsantrag wohl zu unterscheiden.
In $12 Abs.4 scheint aber eine Verwirkung des Verfahrens durch Nichtgebrauch
im obigen Sinne gemeint zu sein, die weniger hierhin als zu $ 76 gehören würde. —
Pr. Ent.Ges. $42 Abs. 1 faßt beides zusammen, Verwirkung durch Nichtgebrauch
und Rücktritt vom Unternehmen, und setzt auf beides das Erlöschen des Ent-
@ignungsrechts. Die Kommentatoren beeilen sich aber zu bemerken, daß das
nicht 80 zu verstehen sei: „Vielmehr hat die Versäumnis der Frist und ebenso
der Rücktritt des Unternehmers nur zur Folge, daß das eingeleitet gewesene Ver-
fahren hinfällig wird und gegebenenfalles wiederholt werden muß“ (Seydel,
Ent.Ges, S, 275; zustimmend Eger, Ent.Ges. II S. 257).
Binding, Handbuch, VI.2: Otto Mayer, Verwaltungsrecht. II. 2. Aufl. 5