708 Die rechtsfähigen Verwaltungen.
Zuerst in der Lehre von der öffentlichen Dienst-
pflicht, wo die Dienstaufsicht gleichbedeutend ist mit der über
den Dienstpflichtigen zu übenden Dienstgewalt; vgl. oben $ 45
Eing.
Sodann in der Lehre von der Verleihung Öffentlicher
Unternehmungen, wo dem verleihenden Gemeinwesen ein Auf-
sichtsrecht zusteht gegenüber dem beliehenen Unternehmer; vgl.
oben $ 50, I. |
In diesen beiden Fällen handelte es sich darum, daß der der
Aufsicht Unterliegende in ein umfassendes öffentlichrechtliches
Pflichtverhältnis eingetreten ist gegenüber dem Gemeinwesen, das
ihn so beaufsichtigen läßt; vermöge dieses Pflichtverhältnisses liegt
ihm ob, gewisse Geschäfte zu besorgen, die sachlich Geschäfte
des Gemeinwesens sind und dessen Zwecken dienen sollen,
der Form nach auch in dessen Namen besorgt werden durch den
Dienstpflichtigen, im eigenen Namen aber durch den Beliehenen.
Um dieser Geschäfte willen steht dem Gemeinwesen die Auf-
sicht zu.
Die rechtsfähige Verwaltung gleicht hier mehr dem beliehenen
Unternehmer: sie führt die Geschäfte, um die es sich handelt, im
eigenen Namen. Sie ist dazu nicht gehalten kraft eines besonderen
Pflichtverhältnisses, in das sie rechtsgeschäftsartig eingetreten wäre,
freiwillig oder gezwungen, wie Dienstpflichtiger und Unternehmer.
Sie ist vielmehr dazu schon auf die Welt gekommen und für diese
ihre Geschäfte da. Diese Geschäfte sind aber ihrem Wesen und
ihrer Aufgabe nach Stücke öffentlicher Verwaltung und als
solche bestimmt, sich wohlgeordnet einzureihen in das große ein-
heitliche Ganze, das diese bilden soll; und darauf, nicht auf einer
erst besonders übernommenen Verpflichtung, beruht hier seinem
inneren Grunde nach das Recht der Aufsicht!. |
—
! Über den Begriff der Aufsicht im allgemeinen vgl. Sehoenborn, Ober-
aufsichtsrecht S.5#. — Das Recht der Aufsicht über die Verwaltungskörper bat
die gleiche innere Grundlage wie das Recht der „Beaufsichtigung“, welches nach
R.Verf. Art. 4 dem Reiche — soweit es überhaupt zuständig ist — gegenüber den
Einzelstaaten zusteht. Haenel, St.R. 18.303: „Die Beaufsichtigung ist das
jenige Recht des Reiches, welches zur Voraussetzung und zugleich zum Gegen"
stande das verfassungsmäßige Recht der Einzelstaaten hat, an der Erfüllung der
dem Reiche zugeschriebenen Staatsaufgaben durch ihr Verhalten und ihre Tatig-
keit mitzuwirken“. Das entspreche der Beaufsichtigung, welche dem Staaie nn
kommt „im Verhältnis zu den ihm eingeordneten Selbstverwaltungskörpern WI
walte überall da ob, wo ..„jenes (das Reich) nicht eigene und unmittelbare Ver-
waltungsbefugnisse entwickelt“ — was hier die eigene Staatsverwaltung samt dem