Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

8 34. Wirkungen der Enteignung. 67 
Vorgehens seines Gegners und nach der Aufeinanderfolge, in 
welche durch das Gesetz Enteignung und Entschädigung gebracht 
sind ©, 
Ist die Enteignung schon ausgesprochen, so hat der Enteignete 
nichts weiter zu tun, als sich die Entschädigung zu verschaffen, 
indem er die etwa noch erforderliche Festsetzung betreibt, oder 
auf Grund der geschehenen Festsetzung vorgeht. Die erwirkte 
Zahlung beseitigt dann von selbst etwaige Bedingtheiten, welche 
jenem Ausspruch zu ihrer Sicherung anhingen, und macht auch die 
etwa gehemmte Besitzergreifung zulässig *. 
Ist der Enteignungsausspruch noch nicht ergangen, so kann 
dem Gegner die Befugnis verliehen sein, ihn selbst zu erwirken; 
zu seiner Entschädigung gelangt er, indem er hernach auch für 
diese das Verfahren betreibt. Es kann ihm auch gestattet werden, 
die Entschädigung unmittelbar zu verlangen unter dem Anerbieten, 
die Enteignung doch noch über sich ergehen zu lassen, oder auch 
unter dem Anerbieten vertragsmäßiger Abtretung des Grund- 
stücks”, 
  
88 Unrichtig wird dieser Zusammenhang ausgedrückt bei Gierke, D. Pr.R. 
N S.498, wenn er sagt: Der „Enteignete“ habe schon mit der staatlichen Fest- 
stellung des Gegenstandes der Enteignung (Planfeststellung) „einen festen Anspruch 
auf Vollziehung der Enteignung und somit auf Wertersatz gegen Abnahme des 
Gegenstandes“. Er hat hier niemals Anspruch auf etwas anderes als auf sein 
Geld; was mit dem „Gegenstand“ geschieht, kann bloß als Mittel zur Erreichung 
jenes Zweckes in Betracht kommen, 
#° Franz. Ent.Ges. v. 1841 Art. 55; Bayr. Ent.Ges. nach A.G. z. Z.P.O. 
Art. 46 Abs. 2, jetzt 17 Abs. 2. 
* In aller Form übt der Eigentümer dieses Selbstbetreibungsrecht nach 
Franz. Ent.Ges. Art. 14 Abs. 2: er kann Antrag stellen auf Erlassung des Ent- 
eilgnungsausspruches, gegen sich! Pr. Ent.Ges. $ 42 Abs. 2 gestattet ihm dafür, 
einfach Zahlung der festgestellten Entschädigung gegen Abtretung des Grundstücks 
zu verlangen; vgl. oben Note 54. Ebenso Hess. Ent.Ges. Art. 63 Abs. 2. Die 
angebotene „Abtretung“ kann auch im Wege des von dem Unternehmer noch zu 
erwirkenden Enteignungsausspruches erfolgen, trotz seines Rücktritts und des 
dadurch angeblich erloschenen „Enteignungsrechts“. Dadurch, daß der Eigentümer 
die Sache in dieser Weise aufgreift, ist eben das Verfahren nicht erloschen, son- 
dern der Unternehmer widerwillig darin festgehalten. Beweis: die vom Gesetze 
zugunsten des Eigentümers noch besonders vorbehaltene Fortsetzung des An- 
fechtungsverfahrens wegen der Höhe der Entschädigung. — Die Kommentatoren 
sind anderer Meinung. Allein auch die Zweckmäßigkeit dürfte doch eher für die 
hier vertretene Auffassung sprechen: wenn infolge dieses Vorgehens eines Eigen- 
tümers der Unternehmer sich entschließt, sein Unternehmen jetzt doch sofort und 
in der geplanten Weise durchzuführen, sollte dann das Verfahren such gegen die 
anderen ganz von vorne beginnen müssen? 
5 .
	        
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