Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 61. Recht der Staatsaufsicht. 725 
gegenüber verletzt ‘worden sei; dem Staate gegenüber besteht ja 
keine. Das Gesetz kann gleichwohl die Aufsichtsbehörde mit der 
Dienststrafgewalt ausrüsten®®. Die Verletzung kann gerade darin 
liegen, daß einem namens des Dienstherrn, des Verwaltungskörpers 
also, erteilten Dienstbefehle nicht gehorcht worden ist. Einem 
solchen Befehle wird es aber gleichstehen, wenn die Aufsichtsbehörde 
dem Verwaltungskörper gegenüber eine diesem obliegende Ver- 
pflichtung festzustellen hatte, und das kund wird dem Beamten, 
der zur Besorgung der Sache für den Verwaltungskörper berufen 
ist. Diesem wird dadurch zugleich seine Dienstpflicht maßgebend 
bestimmt, wie wenn ihm dienstlich befohlen worden wäre. Die 
Dienststrafgewalt kann auch wie ein Zwangsmittel gegen den 
Beamten verwendet werden, indem ihm das disziplinarische Vor- 
gehen in Aussicht gestellt wird für den Fall der Weigerung des 
Vollzuges oder der Säumigkeit *°. 
Daneben können gegen Beamte oder Vertreter kraft Mitglied- 
schaft auch eigentliche Zwangsmittel zugelassen sein. 
Namentlich greifen die sogenannten Ordnungsstrafen Platz, 
soweit sie durch besondere gesetzliche Vorschriften für diesen Ver- 
waltungskörper vorgesehen sind oder entnommen werden den all- 
gemeinen Ermächtigungen, welche den staatlichen Behörden für 
solche Zwecke erteilt sind. Auch hier kommt es wieder darauf 
an, daß auch für das so zu Ergänzende die erforderliche Rechts- 
grundlage bestehe: Es muß sich um eine Pflicht des Verwaltungs- 
körpers handeln, welche im Aufsichtswege durchzusetzen ist, und 
der mit der Ordnungsstrafe Bedrohte muß durch sein Verhältnis 
zum Verwaltungskörper berufen sein, dafür zu sorgen, daß dieser 
Pflicht genügt werde. 
Der Verwaltungskörper wird gezwungen durch den Zwang 
gegen seine Beamten und Vertreter *!. 
& So Preuß. Ges. v. 21. Juli 1852, betr. die Dienstvergehen der nicht-richter- 
lichen Beamten; $ 1: „Das gegenwärtige Gesetz findet auf alle in unmittelbarem 
oder mittelbarem Staatsdienste stehenden Beamten Anwendung“. 
#0 Oertel, Städte-Ord. S. 623, bezeichnet deshalb die Disziplinarstrafen des 
Ges. v. 21. Juli 1852 8$ 18-20 geradezu als die „Zwangsmittel“, welche der Auf- 
sichtsbehörde zu Gebote stehen, um den ordnungsmäßigen Gang der Gemeinde- 
verwaltung zu erzwingen, gesetzwidrige Anordnungen der Gemeindeorgane rück- 
gängig zu machen usw. Ihrem eigentlichen Wesen nach wollen die Disziplinar- 
strafen Zwangsmittel nicht sein; vgl. oben $ 45 Note 37. 
4 Die Zwangsmittel des $ 132 Preuß. L.V G. haben wir oben Note 34 unter 
den Fällen des aufsichtsrechtlichen Zwanges gegen den Verwaltungskörper 
angeführt. Und zwar sollte das Seitenstücke liefern zu dem Zwang, der in anderen
	        
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