Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

710 Das öffentliche Sachenrecht. 
Die Rückgängigmachung wird bewirkt durch Antrag bei der 
zuständigen Behörde; das ist ordentlicherweise die Behörde, welche 
den rückgängig zu machenden Enteignungsausspruch erlassen hat, 
die Enteignuungsbehörde*®! Sie prüft, ob die gesetz- 
lichen Voraussetzungen gegeben sind, und spricht bejahendenfalls 
dem Antragsteller das Eigentum wieder zu®®. Durch die Kraft 
dieser Entscheidung wird er Eigentümer, gerade so, wie er durch 
den wirksam gewordenen Enteignungsausspruch aufgehört hat, es 
zu sein®, Er wird dadurch andererseits auch verpflichtet, die 
empfangene Entschädigungssumme an den Unternehmer zurück- 
zuzahlen. Inwieweit sich diese durch inzwischen eingetretene Tat- 
sachen erhöht oder vermindert, ist Gegenstand behördlicher Wür- 
digung und Festsetzung. 
Insofern stellt sich der Vorgang äußerlich dar als ein Gegen- 
stück zur Enteignung‘. Wie bei dieser kann auch hier das be- 
hördliche Verfahren ganz oder stückweise ersetzt werden durch 
zivilrechtlichen Vertrag zwischen den Beteiligten; vgl. hier oben n.1. 
— Die andere Form, in welcher ein Rückerwerb vermittelt 
werden kann, erscheint in der Gewährung eines gesetzlichen 
Vorkaufsrechts®. Gemeinsam ist die Voraussetzung der Nicht- 
01 Wenn nach französischem Gesetz das Zivilgericht den Ausspruch zu tun 
hat, so ist das nur eine Folge der ausgedehnteren Zuständigkeit, welche ihm in 
Enteignungssachen, den allgemeinen Grundsätzen zuwider, überhaupt zugeteilt ist: 
Theorie des franz. Verw.R. S. 236; oben & 33 Note 12. — Gerade in dieser Zu- 
ständigkeit der Verwaltung erweist sich die rein öffentlichrechtliche Natur dieser 
Rückgängigmachung der Enteignung, im Gegensatz zu dem unten zu behandelnden 
Vorkaufsrecht. Gegen Oertmann, Landesprov.R. S.159, der ein von den Gerichten 
zu schützendes Wiederkaufsrecht behauptet: Henle, Zwangsent.Ges. S. 134. 
62 Dies ist kein Akt des freien Ermessens, wie Schelcher, Rechtswirkungen 
$. 176, annimmt; die Enteignung allerdings wurde ausgesprochen, weil das Öffent- 
liche Unternehmen des Grundstücks bedurfte; das war Sache eines gewissen Er- 
messens (oben $ 33, TI n. 2). Hier handelt es sich jetzt rein um ein formelles 
Recht des Enteigneten. 
@* Deshalb ist es ebenso falsch, den Rechtsvorgang hier als ein „gesetzliches 
Wiederkaufsrecht“ zu bezeichnen (Gierke, D. Pr.R. II S. 507), wie es falsch ist, 
die Enteignung selbst einen Zwangskauf zu nennen. 
% Thiel, Expropr.R. S. 61 ff, betont das durch die Bezeichnung „Recht 
der Reexpropriation“ oder „Wiederaneignung“; Seydel, Bayr. St.R. II S. 362, 
spricht von „Wiederenteignungsrecht“ und „Wiederenteignung“. Allzu genau ‚darf 
man es mit diesen Namen nicht nehmen. 
06° Layer, Prinz. d. Ent. S. 436, sieht darin eine durch ausdrückliches 
Gesetz verfügte Abschwächung seines selbstverständlichen Rückerwerbsrechts (oben 
Note 58). G. Meyer, R. d. Expropr. S. 269, betrachtet vielmehr, im Gegensatz 
zu diesem, das Vorkaufsrecht als ein besonderes Zugeständnis des Gesetzes. Beide
	        
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