Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 35. Das öffentliche Eigentum; Begriff und Umfang. 83 
Um das Ganze der Einriehtung zieht dann die Polizeigewalt 
noch ihren besonderen Schutz. Überdies besteht die Verkehrs- 
entzogenheit fort. Sie nimmt nur jetzt eine andere Wendung: 
es handelt sich nicht mehr um eine res nullius, die nicht in den 
privatrechtlichen Verkehr gezogen werden soll, sondern um eine jn 
privatrechtlichem Eigentum stehende Sache, die nach einem für 
sie geltenden privatrechtlichen jus singulare gegen gewisse privat- 
rechtliche Schicksale gefeit ist 17. 
III. Unser neuzeitliches Verwaltungsrecht ist dem 
römischen Vorbild verwandter, als was in dieser Hinsicht irgend- 
eine Zwischenstufe geboten hatte. Insbesondere gilt das auch von 
dem Recht der öffentlichen Sachen. 
Frankreich, das uns in der Entwicklung der Staatsgewalt und 
des damit zusammenhängenden öffentlichen Rechts vorausgegangen 
ist, hat hier den Begriff des domaine public ausgebildet. Es 
bedeutet den Gegensatz zum domaine priv& de l’Etat, dem privat- 
rechtlichen Eigentum des Staates. Es umfaßt unsere Öffentlichen 
gegen Jhering und Keller wendet: „Übt der Staat als solcher sein Eigentum 
an den öffentlichen Sachen aus? Wir sagen: Ja. Freilich nicht als solcher; denn 
der Staat als solcher kann keine Eigentumshandlungen vornehmen, sondern kann 
nur gebieten und verbieten, aber als Vermögenssubjekt, als Fiskus übt er sein 
Eigentum aus; und weiter hat niemals jemand etwas behauptet“ (Dem Rechts- 
verkehr entzogene Sachen S. 108), Danach zeichnet Wappäus auch das Bild 
des Verhältnisses der zweierlei Staatspersönlichkeiten, wie es sich an den Öffent- 
lichen Sachen entfaltet. Diese sollen dauernd allen Staatsbürgern zugute kommen; 
„daher verbietet der Staat kraft seines Hoheitsrechts dem Eigentümer, der er 
auch selbst sein kann in seiner Eigenschaft als Fiskus, wenn er einmal eine 
bestimmte Sache ad usum publicum hergegeben hat, die Ausübung seines Eigen- 
tums daran soweit, als darin eine Gefährdung jenes allgemeinen Nutzens gesehen 
wird“ (a. 2.0. S. 48). 
, Abnlich Luthardt in Bl. f. adm. Prax. 1870 S. 324 ff.: Öffentliche Wege sind 
Eigentum des Fiskus, und zwar „förmliches Privateigentum“, welches der Fiskus 
veräußern und belasten kann wie anderes auch. Aber die Sache hat auch eine 
polizeiliche Seite: „weil die Straße einer Stastsaufgabe dient, wird der Fachminister 
(der also den Staat vertritt) entscheiden, was der Fiskus zu tun und zu lasgen 
hat“. — Vgl. auch O.Tr. 18. Juli 1861 (Strieth. XLIL S. 288). Besonders erfreu- 
lich durch seine Deutlichkeit ist R.G. 23. Febr. 1880 (Entsch. I S. 366): Meeres- 
ufer sind res publicae, gemeines Eigentum des Staates; sie fallen deshalb wohl 
in das Gebiet des privatrechtlichen fiskalischen Eigentums, aber dieses ist „ver- 
möge der publizistischen Staatshoheit“ beschränkt zugunsten des öffentlichen Ge- 
rauchs; wenn „Fiskus“ als Eigentümer den öffentlichen Gebrauch hindert, so 
haben sich die Beteiligten an die „Staatsverwaltung“ um Abhilfe zu wenden! 
"" So die wohlgefestigte Lehre der älteren Pandektisten: Puchta $ 35, 
Arndts 549, Brinz $ 50, Windscheid $ 146. Vgl. auch: Roth, Bayr. 
CR 8 54; Seuffert, Prakt. Pand.R. 8 57. 
  
6*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.