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Alle diese Eigenheiten würden ihr aber hier keinen Platz
verschaffen, wäre nicht noch eine andere, vielfach bestrittene Sage
mit ihrem Leben verbunden gewesen. Man erzählte sich nämlich,
sie sei, nachdem sie auch ihren zweiten Gemahl habe vergiften
wollen, nur dadurch der weltlichen Gerechtigkeit entgangen, daß sie
nach Rom gegangen, dort katholisch geworden sei und vom Papste
als Buße auferlegt bekommen habe, von Stund' an allen Umgang
mit ihresgleichen abzubrechen, zeitlebens in elenden Kleidern ein—
herzugehen und einen Strick um den Hals zu tragen, als eine
Galgenkandidatin sich auch gefallen zu lassen, daß der damalige
Dresdner Scharfrichter Fritzsche jährlich einmal zu beliebiger Zeit
zu ihr kommen dürfe und nachsehe, ob sie solchen Strick wirklich
trage. Dieses ist nun zwar von Ed. M. Oettinger in dem über sie
im Jahre 1865 abgefaßten Romane und in seinem Moniteur des
dates, Art. Schönberg (T. VI, S. 33, Anm.) ausdrücklich in Abrede
gestellt worden; allein es ist daran doch so viel wahr, daß Gräße
selbst einmal in der Arnoldschen Buchhandlung, welche sie in den
40er Jahren dieses Jahrhunderts fast täglich besuchte, um dort poli—
tische Broschüren zu kaufen und sich mit dem damaligen Besitzer
derselben, Herrn Reimann, den sie sehr gern hatte, zu besprechen,
hinter ihr stehend und die Gelegenheit benutzend, daß sie sich büchte,
um etwas aufzuheben, ihr in den Nachken sah, wo er ganz deutlich einen
groben hanfenen Strich, der freilich ebensogut ein einfaches Bußinstru-
ment, wie dies bei Katholiken üblich ist, sein konnte, erblichte. Auch
Herr Fritzsche bestätigte ihm die Sage, und ebenso leugnete solches eine
gewisse Chr. Brückner (7 1872), welche 13 Jahre zu Plauen in ihren
Diensten gestanden hatte, Gräße gegenüber nicht ausdrücklich, als
er sie befragte. Ubrigens war diese Dame jedermanns Feind und
fand ein Vergnügen darin, andere zu ärgern und ihnen Possen zu
spielen. Dagegen war sie eine große Hundefreundin und ließ einem
ihrer Lieblinge in ihrem Garten ein Kreuz auf sein Grab setzen,
was sie jedoch wieder entfernen mußte. Man erzählt sich aber,
ihre Seele könne RGeine Ruhe finden und sie gehe zu und bei
Schmochtitz (9) und Plauen noch jetzt um und zwar in derselben
Kleidung, in welcher sie bei Lebzeiten gewöhnlich zu sehen war,
*Die weiße Frau, die sich selbst bei Tage auf der Straße zwischen
der Viehwalze und Salzenforst sehen läßt, kann sie nicht sein, denn diese
sah man schon vor ihrem Tode.
Meiche, Sagenbuch. 64