Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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nämlich mit einem großen weißen, gelbgetippelten Atlashut, einem 
dgl. Atlasmantel, der einst weiß oder weißgrau gewesen war, aber 
weil er sehr oft naß geworden war, fast gelb aussah, und in großen 
Knöchelschuhen oder Filzschuhen, welche sie Sommer und Winter zu 
tragen pflegte. Eine besondere Eigenheit von ihr war, daß sie nie 
eingestehen wollte, daß eine Dienstperson ihr nicht gehorchte oder 
sie betrog. So hielt sie zwei Wächter, einen älteren und einen 
jüngeren, welche des Nachts in ihrem Hause zur Bewachung schlafen 
sollten; der jüngere ging aber gewöhnlich nur eine Rurze Zeit hin 
und lief dann wieder weg. Als ihr dies nun einst von der vorhin 
genannten Dienerin angezeigt ward, versetzte sie gleich: „Weißt du 
nicht, ob dies nicht mit meiner Bewilligung geschehen ist?“ Abrigens 
trieb sie auch geheime Wissenschaften, und oft hörten ihre Leute sie 
in ihrem Zimmer, trotzdem daß niemand außer ihr darin war, laut 
sich mit jemand unterreden, und dieser jemand antwortete; wenn sie 
aber hineinkamen, war niemand da. Ihre höchst interessanten 
Briefe sind laut ihres Testaments nach ihrem Tode verbrannt 
worden: sie bekam täglich Schreiben aus allen Teilen Europas und 
beantwortete sie auch, allein keiner ihrer Leute — sie hatte nur 
weibliche Bedienungen — sah je eine Adresse an sie oder von ihr; 
sie hatte eine Brieftasche, in welche sie die von ihr geschriebenen 
Briefe legte und selbige dann verschloß: so schickte oder trug sie 
selbige nach Dresden, ein von ihr eigen dazu erwählter Postbeamter 
öffnete solche mit einem zweiten Schlüssel, nahm den Inhalt heraus 
und legte die angekommenen hinein, und so wußte nur dieser, der 
aber ihr Geheimnis nie verriet, mit wem sie brieflich verkehrte. 
(Bal. Nr. 1234.) 
1236. Warum ein Dresdner Scharfrichter geadelt worden 
ist und den Namen von Dreißigacher bekommen hat. 
Gräße, Bd. I, Nr. 123; Hasche, Mag. der sächs. Gesch., Bd. II, S. 68 ff. 
Den 22. Februar 1647 starb zu Dresden in seinem 41. Jahre 
Mielchior Wahl, Nachrichter allhier; er hieß von Dreißigacker, welchen 
ANamen und Adel er von Kurfürst Johann Georg I. als Belohnung 
für seine Geschicklichkeit erhielt, daß er einst einem Geköpften ein 
Stück ausgestochenen Rasen auf den Hals gelegt und ihn also an
	        
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