Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 1030 — 
fröhlich lenkten diese ihre Schritte dem Hofe zu, wie glücklich saßen sie, 
nachdem der jüngsten die Ausführung des längst gehegten Vorhabens 
gelungen war, dort beisammen! Die Tat, einst als Erfordernis be— 
stimmt, den auf ihnen lastenden Zauber zu bannen, war erfüllt, 
und von nun an sollte der Böse keine Macht mehr über sie haben! 
Die Taufe in der Kapelle hatte längst ihr Ende erreicht, aber 
das inzwischen zum Ausbruch gekommene Gewitter hinderte bis zum 
späten Abend den Köhler an der Büchkkehr zu seiner Hütte. Mit 
mächtiger Gewalt toste diesmal der Donnergott. Mehr als einmal 
fuhr der blendende Strahl, wie von der Kapelle aus zu bemerken 
war, auf den Borberg nieder und mußte zuletzt auch gezündet haben, 
denn man sah im strömenden Regen dort dichten Qualm und 
Rauch aufsteigen. Dazu ließ sich ein Pfeifen und Rollen in der 
Luft vernehmen, als wenn der Fürst der Hölle selbst sein Wesen 
triebe. Letzteres war in der Tat auch der Fall; denn erzürnt dar- 
über, daß drei durch den Bann ihm verfallene Seelen sich seiner 
Herrschaft zu entringen gewußt hatten, fuhr er grimmig und tobend 
davon. — Endlich hatte die Natur ihre Ruhe wiedergefunden; am 
Himmel leuchteten bereits die Sterne, und in reicher Fülle sandte 
der Mond sein silbernes Licht zur Erde, als der Kähler mit seiner 
Begleitung den Heimweg antrat. Ohne Aufenthalt Rkam er auch 
diesmal nicht am Borberge vorüber. Al#itten auf dem Wege, an 
derselben Stelle, wo vor wenig Stunden eine der Schwestern den 
Anblich seines Kindes erbeten hatte, hörte er plötzlich seinen Namen 
rufen. Er blichte empor und sah zwischen den Bäumen hindurch 
oben auf einem vorspringenden Felsen die drei Jungfrauen stehen 
und hörte zugleich, wie sie ihm zuriefen: „Lieber Köhler, habe Dank, 
daß du dein Kind unserer Jüngsten zum Kusse reichtest; du hast uns 
dadurch aus schwerer Not und Drangsal befreit. Komm nur sonder 
Scheu herauf zu uns und nimm den Schatz, mit dem wir dich be- 
lohnen wollen.“" Aber dem Angerufenen und seinen Begleitern 
liefen bei diesen Worten die Schauer bald kalt, bald heiß über den 
Büchen; sie schlugen eiligst ein Kreuz und suchten schnell weiterzu- 
Rkommen. 
Gegen den anbrechenden Morgen hin mochte es jedoch den 
Köhler gereuen, der Einladung nicht Folge geleistet zu haben. Der 
Gedanke an den angebotenen, von ihm aber so leichtfertig ver- 
schmähten Schatz beherrschte seine ganze Seele, und über sein Vor-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.