Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 1033 — 
und drohte, den Grafen mit sich fortzunehmen. Dieser gelobte, Isa 
dem Kloster zu übergeben. In einer blauen Wolke verschwand der 
Satan. Der Graf aber gedachte den Teufel zu betrügen und seine 
Isa dem Kloster wieder zu entführen. — Die schweren Tore des 
Klosters Grünhain schlossen sich hinter der jammernden Isa. Weder 
die tröstenden Worte der Oberin, noch die freundlichen Zusprachen 
der Klosterschwestern vermochten die arme Isa zu beruhigen. Ein 
unbezwinglicher Gram zerstörte das blühende Leben. — Aach einigen 
Monaten stand an der westlichen Klostermauer allabendlich im 
Dunkel eine vermummte Gestalt, die stets mit dem frühesten 
Morgengrauen wieder verschwand, während im Kloster ein einziges 
Fensterlein matt erleuchtet war. In der siebenten Nacht nach der 
Mlitternachtsmesse durcheilte flüchtigen Laufs eine Nonne den baum- 
reichen Klostergarten und gelangte mit Hilfe des Vermummten 
über die Mauer. Beide verschwanden im Dunkel und eilten dem 
nahen Walde zu. Als das Glöckhlein zur Frühmesse rief, kam 
Schwester Barbara (das war der Klostername Isas) nicht aus der 
Zelle — sie war verschwunden. — Alle Räume des Klosters wur- 
den durchforscht, jedoch vergeblich. Da entsandte die Oberin Kloster- 
knechte mit Spürhunden in die umliegenden Wälder, doch die 
Flüchtigen hatten einen großen Vorsprung nach dem dichtbewaldeten 
Gebirge zu gewonnen. Als am dritten Tage die Sonne sich neigen 
wollte, standen die Flüchtigen auf einer hohen Felswand, an deren 
Fuß das Schwarzwasser rauschte. Da verkündete Hundegebell 
die Nähe der Verfolger, und zwischen den uralten Fichtenstämmen 
zeigten sich die Klostertnechte. Schon sind die Hunde heran, die 
Fliehenden hören den Zuruf der Klosterknechte — da ertönt ein 
markdurchdringender Schrei — der jähe Sprung in die schauerliche 
Tiefe erfolgt. — Hunde und Häscher finden weder in den Wellen, 
noch im Walde eine Spur der Flüchtigen. Der Felsen bedechkte 
sich mit schwefligem Gelb und wird heute noch der Nonnenfelsen 
genannt.
	        
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