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das Einstürzen der Firste durch Zimmerung verhütet. Die Last war
groß, die auf dieser Zimmerung ruhte, und als der Steiger, etwas
zurückstehend, eben eine Anordnung treffen wollte, hörte er ein
Krachen in der Firstenzimmerung und im nächsten Augenblick ein
gleiches: „Brüder, rettet euch!“ rief er, „schnell, es macht einen
Bruch!“ (die Zimmerung bricht). Diesem Rufe folgten alle in der
größten Eile, nur Oswald, der jüngste und rascheste von allen, blieb
auf eine bis jetzt unbegreiflich gebliebene Weise zurück und wurde
so verschüttet. Zwar gab man sich die unsäglichste Mühe, den
armen Oswald zu retten, und immer neue Arbeiter lösten die be-
reits ermatteten ab, aber vergebens; es brach immer mehr nach, und
der Unglüchliche ward nicht wiedergefunden. Als nun aber die
Braut des armen Bergmanns die furchtbare Kunde vernahm, sank
sie zuerst in eine tiefe Ohnmacht, aus der sie nur wieder erwachte,
um in eine tödliche Krankheit zu verfallen. Zwar besiegte ihre
Jugendkraft dieselbe und sie ward dem Leben erhalten; allein als
sie nach ihrer Genesung zum ersten Male wieder das Gotteshaus
betrat, da brachte sie am Altar der hochheiligen Alutter des Herrn
das Gelübde, ihrem Oswald treu zu bleiben und ihr Leben lang
nur als Jungfrau zu leben und zu sterben; dann hing sie ihren
Brautkranz mit eigner Hand unter den übrigen Totenkränzen in
der Kirche auf und lebte nun in tiefster Stille, den Segen der
Armen verdienend.
So gingen denn seit jenem Unglüchstage viele Jahre dahin,
und zuletzt waren nur noch die jungfräuliche Braut, sowie drei
Bergleute, Balthasar Thomas Kendler, Andreas Reiter der ältere,
beide in Ehrenfriedersdorf, sowie Simon Löser, in Drebach wohn-
haft, von allen denen übrig, die damals das unglückliche Ereignis
mit angesehen hatten. Da fügte es sich, daß in Brünlers Fund-
grube am Sauberge ein Stollen bewältigt wurde, und als man in
die siebente Lachter im rolligen Gebirge fortgerückt war, stieß man
auf einen in der Erde liegenden menschlichen Körper, der noch in
seinen unverwesten Kleidern dalag. Mit vieler Mühe machte man
ihn von seiner drängenden Umgebung frei und schaffte ihn nach
dem Tageschachte; da brach dieser harte Leichnam mitten ausein-
ander und man konnte ihn also nur in zwei Stücken heraufwinden.
Der Leib, Kopf und Arme waren noch beisammen, doch der Körper,
wahrscheinlich beim Herausziehen, zerrissen oder vielmehr zerbrochen.
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