Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 1047 — 
Ereignis sollte seine Verdienste um das Haus Rechenberg noch mehr 
ins Licht stellen. 
Einst versetzten Flüchtlinge aus der nahen böhmischen Pflege 
die Bewohner der Burg Rechenberg in lebhafte Aufregung, denn 
sie meldeten, daß einige bekannte böhmische Raubritter mit ihren 
Mannen sich der Grenze näherten und mordend und sengend das 
Land verwüsteten. Darüber wurde Kurt von Rechenberg sehr be— 
trübt, und er beschloß, nach Rücksprache mit seinem Vogte, einen 
Kundschafter auszusenden, um zu erfahren, wie stark die Zahl 
der Feinde sei. Aiemand erschien ihm dazu geeigneter als sein 
flinker Diener Georg. Derselbe dankte für den ihn ehrenden 
Auftrag, und wenige Minuten später jagte er auf flüchtigem Rosse 
hinaus zum Burgtore, dem Feinde entgegen. Bereits am andern 
Morgen kehrte der Knappe in das Schloß zurück. Zum Erstaunen 
der Burgbewohner befanden sich zwei gefüllte Säcke, einer hinten 
und einer vorn, auf dem Gaule. Ritter Kurt stand unter dem Tor, 
und befremdet wegen des seltsamen Aufzuges fragte er: „Was klirrt 
denn so um deinen Sattel?“ Georg antwortete wohlgemut: „Seid 
getrost, Herr Ritter, alles hat gute Wege. Das sind Hufeisen, die 
ich den Pferden abgerissen habe, während die Feinde schliefen. Vor- 
sichtig und dennoch sonder Hast eilte ich den Raubgesellen entgegen, 
immer der Grenze entlang, bis ich sie in der Aähe des Dorfes Ein- 
siedel erblichte. Es war schon finstere Nacht, und alle hatten sich 
sorglos dem Schlafe überlassen. Deshalb machte ich mich unverweilt 
an die Arbeit und glaube damit unseren Feinden einen recht üblen 
Gutenmorgen geboten zu haben, denn ohne Hufeisen sind die 
Spitzbuben nicht imstande, die Gebirgspfade zu bereiten, und noch 
viel weniger möchte es gelingen, hier herum so viel Eisen auf- 
zutreiben, als ihnen fehlen. Damit Ihr aber, gestrenger Herr, die 
Anzahl der Feinde schätzen möget, bracht' ich die Eisen gleich mit, 
da die Dunkelheit der Nacht mich hinderte, die Feinde zu über- 
zählen. Aun ist es wohl mit uns bestellt, und ruhig können wir 
uns rüsten, bevor sie sich uns nahen.“ Der Burgherr lächelte zu- 
frieden und sagte: Du bist, traun, ein seltsamer, aber vortrefflicher 
Bursche!“ Dann setzte er, zu dem Vogte gewendet, hinzu: „Ent- 
weder war das Begebnis ein Wunder, oder der Knecht Georg ist 
verwegen bis zur Tollkühnheit. Aun, wir wollen die BRaubgesellen 
gehörig empfangen!“
	        
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