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Die zahlreichen Wallfahrten nach Ebersdorf reizten oftmals
die Raubsucht der Ritter auf Schellenberg und Lichtenwalde. Unter
mehreren Geschichten aber, welche man sich von dem Raubgesindel
erzählt, ist folgende besonders meldenswert:
Am Silvestertage des Jahres 1212 unternahmen die WMönche
des Zisterzienserordens in Freiberg eine große Betfahrt nach dem
Marienbilde zu Ebersdorf, um daselbst Gott für den reichen Berg—
segen zu danken. Es war eine strenge Kälte, der Schnee hatte die
Wege zugeweht, und die Wasser waren zugefroren. Doch mit freu-
digem Mute zog die Schar der Betfahrer unter frommen Gesängen
rüstig am Schieferbache hin. Da brachen plötzlich aus der dichten
Waldung die Näuber von Schellenberg und Lichtenwalde und
drangen auf den Zug ein, um die kostbaren Geräte, Fahnen und
Kleinode, welche bei einer Betfahrt damaliger Zeit nie fehlen durften,
mit Gewalt zu rauben. Augenblicklich geriet der Zug in wilde
Verwirrung, und die Aönche flohen mit Jammern und Entsetzen,
aber der Schirmvogt, ein tapferer Nitter, warf sich mit seinen
Reisigen und Klosterknechten den Räubern entgegen. Es entbrannte
ein hitziger Kampf, welcher eine gute Weile währte und zuletzt mit
dem Siege der guten Sache endigte. Die Räuber wurden geschlagen
und flohen nach dem Flöheflusse, hoffend, daß das Eis sie tragen
werde. Doch die dünne Eisdecke in der Mitte des Flusses brach,
und mehr als die Hälfte der Räuber ertrank in den kalten Fluten.
Die übrigen flüchteten das Ufer entlang stromaufwärts und ver-
krochen sich in eine Felsenschlucht. Als dies die Klosterknechte ge-
wahrten, besetzten sie den Eingang der Schlucht und wollten die
Räuber darin mit den Waffen angreifen. Aber ihr Anführer, der
Schirmvogt, gebot, sie sollten ihr Blut schonen und die NRäuber
durch Feuer verderben. Hierauf schlugen die Knechte eine Menge
Baumstämme nieder, zündeten sie an und warfen sie in die Schlucht,
bis dieselbe zuletzt einem brennenden Ofen glich. So wurden die
Räuber von Schellenberg und Lichtenwalde vertilgt, und der Weg
für die Betfahrer wenigstens auf einige Zeit sicher. Jene Felsen-
schlucht aber, worin die Bäuber verbrannt wurden, heißt noch heute
zum Andenkben an jene Begebenheit der Höllengrund.