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Boleslav schwieg, betroffen über diese Sprache. Miesco aber
riß mit seiner gewaltigen Faust aus dem Dickicht des Burggartens
einen jungen Eichbaum und pflanzte ihn zu den Bäumchen seiner
Brüder. „So nun ist es getan,“ sagte er, „und Burg und Ge—
schlecht heißen künftig Siebeneichen.“
„Aicht ohne Bewilligung des Kaisers, unseres Herrn!" rief
Boleslav, den endlich der Zorn übermannte. „Ich bin der Herr
dieses Bodens und nehme nur vom Kaiser Gesetze an.“
„Du, der Herr dieses Bodens?“ lachte Miesco. „Entsinne
dich, daß ich der Erstgeborene bin, daß diese Burg mir gehört. Du
bist mein Gast, den ich nur dulden werde, solange er in mir
den Herrn und Gebieter anerkennt. Wo nicht, so jage ich dich
hinaus."
„So versuch es; denn ich halte dich nicht für den Herrn des
Bodens, sondern für einen Verräter und Bäuber!" rief Boleslav,
sein Schwert ziehend. MUiesco, der darauf gewartet zu haben
schien, folgte schnell seinem Beispiele und beide fielen einander wut-
entbrannt an.
Die Brüder fochten eine Weile mit gleichem Glüch; denn
Miescos überwiegende Kraft konnte über Boleslavs größere Ge-
wandtheit keinen Vorteil erringen. Endlich ermattete der letztere,
wich einige Schritte zurück, und Aliescos Schwert traf ihn in dem
Augenblicke, als sein Fuß an dem neugepflanzten siebenten Baume
strauchelte.
Tödlich verwundet sank er zu Boden, wollte aber noch im
Tode dem Bruder die Hand zur Versöhnung bieten. Als er jedoch
in dessen Zügen nur kalte Blutgier und hämische Siegesfreude ge-
wahrte, da umfaßte er den Stamm von MAliescos junger Eiche, und
die andere Hand drohend gegen den Mrder erhebend, sprach er:
„Höre mich, Miesco! Der Mund des Sterbenden spricht Wahrheit.
Nicht lange wirst du die Früchte deines Verrates genießen. Dieser
Baum, den du voll Hohn pflanztest und den jetzt das Herzblut
deines Bruders benetzt, wird dir zum Untergange wachsen und
deinem ganzen kommenden Geschlechte zum forterbenden Fluch
werden. Er wird aufsprossen, dir und deinen Enkeln zum Fluche;
die Schmach deines Hauses wirst du an ihm großziehen, und nicht
eher wird dieser Fluch enden, als bis der Letzte deines Geschlechts voll
Elend und zerknirschter Reue das unselige Holz dieser Eiche durch