Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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Kreuz in einen Baum ein, auf einem Stein steht die Jahreszahl 
1705, und der alte Stoßdegen des Herrn von Rabe hängt noch 
heute unter alten Waffen im Erlbacher Schlosse. 
90. Die weiße Frau bei der Tränke am westlichen Abhang 
des Kapellenberges. 
Gräße, Bd. I, Ar. 701, nach Julius Schanz; metrisch behandelt von 
Fr. Rödiger, Sagenklänge des oberen Vogtlands, 1847. 
In dem Kloster auf dem Kapellenberg soll einst eine Nonne 
gelebt haben, die ein schweres liebes Leid auf dem Herzen trug 
und oft bis zur Mitternacht vor dem Altar auf den Knieen lag, 
um Vergebung ihrer Sünden zu erflehen. Einst als sie auch im 
Gebete lag, flog ein Pfeil durch die Fenster, ihr zum Zeichen des 
Stelldichein. Sie konnte auch diesmal nicht widerstehen und 
schlich leise durch die Klosterpforte an den Teich hinaus, wohin sie 
so oft gewallt, und harrte dort des Buhlen, der sich bald durch die 
Zweige Bahn brach. Er fand die Nonne in glühendem Wahnsinn 
mit den Fluten sprechen, in welche sie ihr Kind geworfen und 
forderte sie auf, das Kloster endlich zu verlassen und sein Weib zu 
werden. „Tauche,“ sprach er, „deine Hände in das Wasser und 
wasche dein Gesicht damit, so wird dein Herz Ruhe finden. In 
des Teufels Namen, wasche dich!“ — 
Die Aonne tat, wie ihr geheißen war. Sie behrte nicht 
wieder zum Kloster zurüch, sondern floh mit dem eliebten ins 
Fichtelgebirge auf die Luchsenburg, woselbst er hauste, und lebte 
mit ihm dort ein gottvergessenes Leben. Als aber ihre Sterbestunde 
kam, hörte sie eine Stimme rufen: „Am Teich, in dem dein Kindlein 
ruht, sollst du dich fort und fort in des Teufels Namen waschen, 
bis zum jüngsten Gerichtel“" — So geht denn ihr Geist noch um 
bis auf diesen Tag, und mancher hat in stiller Mitternachtsstunde 
die weiße Frau gesehen, wie sie am Teiche hinschreitet, und gehört, 
wie sie in den Wellen plätschert und ihr Antlitz wäscht. Der Teich 
heißt gegenwärtig nur die Tränke, da die Bauern daselbst ihr Bieh 
zur Tränke führen, wenn sie auf den Feldern beschäftigt sind.
	        
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