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94. Die nackte Frau bei den Schafhäusern bei Oelsnitz.
Gräße, Bd. II, Ar. 660; Köhler, Aberglaube, S. 520.
Mehrere Umwohner haben oft zwischen dem Vorwerk bei
Oelsnitz und den Schafhäusern auf einem Feldrande ein nacktes
Frauenzimmer umhergehen sehen, welches auf dem linken Arme
ein kleines Kind trug. Die Erscheinung verschwand plötzlich und
man fand auch, so sehr man suchte, keine Fußspuren der einsam
Wandelnden. An dieser Stelle soll eine Mutter ihr Kind umge—
bracht haben und nun keine Ruhe finden.
95. Sage von der weißen Frau zu Stein.
Gräße, Bd. II, Ar. 693; Sachsengrün 1861, S. 144.
Am Elsterufer stehen heute noch die Trümmer der im Hussiten-
kriege zerstörten Burg Stein. Diese verteidigte damals die Burg-
frau bis zum äußersten, erlag aber der Ubermacht und kam mit
allen ihren Leuten um. Ihr Geist Rkam aber nicht zur Ruhe, sondern
einem dahingleitenden Lichte gleich, weshalb der Volksmann sie
Laterne nennt, geht sie um Mitternacht ihren unheimlichen Weg.
Sie tut niemanden etwas zuleide, weicht vielmehr jedem Nahe-
kommenden mit hecken Sprüngen aus. Scheu vor ihr Flüchtenden
folgt sie dagegen und geht an dem Stillstehenden mit einem eigen-
tümlichen Geräusche, welches dem Nauschen eines seidenen Kleides
gleicht, vorüber.
96. Sage von der Burg Gößwein.
Gräße, Bd. U, Ar. 692; nach Sachsengrün 1861, S. 143.
Dem Dorfe Magwitz am linken Elsterufer gegenüber liegt
ein kleineres, Gößwein genannt, das seinen Namen von einer alten
Burg hat, die am nahen Waldabhang auf dem felsigen rechten
Elsterufer gestanden hat. Um die Mitternacht verläßt ein kRopfloser
Reiter seine Trümmerburg, macht fast immer denselben Weg, Unheil
verkündend, wem er begegnet, und kRehrt beim Eintritt des Morgen-
grauens zu seinem Wohnsitz zurüch, wo er einen Schatz bewacht.