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137. Der Rachhals zu Aue.
Köhler a. a. O., Nr. 69.
In früheren Zeiten lebte in Aue ein Förster mit Namen
Rachhals. Derselbe war rauh in seinem Wesen und flößte allgemeine
Furcht ein, so daß man seiner Person so viel wie möglich aus
dem Wege ging. Nach seinem Tode ging die Sage, Bachhals sei
in eine finstere Kammer seines Hauses, durch welche eine Esse führte,
verbannt worden und spule darin um Mitternacht. Die Kammer
hatte nur ein kleines Fenster nach dem Hofe, und es wurde erzählt,
sobald dieses Fenster geöffnet werden würde, sollte Rachhals erlöst
sein, gleichzeitig aber würde auch das Haus abbrennen. Das Haus
stand in der Mähe des Gasthofs zum Engel. Als daselbst im Jahre
1859 Feuer ausbrach, wurde auch das ehemals Rachhalssche Haus
ein Raub der Flammen.
138. Das Fräulein auf der Mulde bei Klösterlein Zelle.
Köhler a. a. O., Nr. 62.
Vor langer Zeit war auf dem Rittergute Klösterlein bei Aue
ein Fräulein gestorben, welches nach seinem Tode des Nachts auf
der Mulde dahinschweben sollte. Da geschah es, daß zwei Berg-
leute einst eines Sonntags in einer schönen Sommernacht von
Schlema nach Zelle gingen, um daselbst Musik zu machen. Ihr
Weg führte sie über die sogenannte Ochsenwiese und den Kloster-
steg. Als sie an die Ochsenwiese kamen, setzten sie sich nieder, um
ein wenig auszuruhen; dabei Rhamen sie auf den Gedanken, dem
Fräulein ein Morgenständchen zu bringen, und als sie eine Weile
geblasen hatten, näherte sich ihnen das in einen Schleier gehüllte
Fräulein und warf jedem ein Sträußchen in den Schoß. Der eine
von ihnen stechte dasselbe in eine Tasche seines Kittels, der andere
aber warf es weg. Als am nächsten Morgen derzjenige, welcher
sein Sträußchen eingestecht hatte, den Kittel wieder anziehen
wollte, Kkam ihn derselbe so schwer vor, und da er in die Tasche
griff, um nachzusehen, zog er sein Sträußchen heraus, welches sich
in pures Gold verwandelt hatte. Voll Freude teilte er dies seinem