Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 116 — 
wesen, so zu diesem Schatz gelegt worden, daß er sich nicht ver— 
rücken möchte. Es hat auch das Gespenst bei dem Ausfüllen des 
gemachten Loches nicht wenig Widerwillen, zum teil auch Spötterei 
sehen lassen, denn nachdem man lange Bratspieße genommen und 
an dem Orte, wo die Ziegelsteine herausgegangen waren, herab— 
wärts in den Erdboden gefühlt, ob sich etwa die Kästen gesenkt, 
hat es bei der Aacht auch einen Bratspieß mitgebracht und hin 
und wieder in der Kammer mit solchem gegen den Boden gefühlt. Da 
man nun wirklich anfing, den Berg wieder einzufüllen, hat es nicht 
allein mit Ziegeln und Steinen um sich geworfen, daß die Ar- 
beitenden davonliefen, sondern es hat auch in der folgenden ANacht 
die Betten des Frauenvolkes mit Schutt und Erde bestreut, daß 
darüber etlichen, zumal den Mägden, der Mund mit Erde angefüllt 
ward, den sie im Schlafen offen gehalten. 
Als nun die Mähterin nicht wieder mit dem Gespenst allein 
gehen wollte, hat dieses ihr vorgeschlagen, das dreijährige Söhnlein 
des Superintendenten mitzunehmen, von welchem die weiße Frau 
gesagt, sie habe sich gefreut, als es geboren worden, denn es werde 
sie erlösen. Wirklich hatte man bemerkt, daß seit der Geburt 
dieses Kindes sich das Gespenst sehen ließ; es Kkam auch mit einem 
großen Bund Schlüssel in die Kammer, wo die Schwester des 
Superintendenten schlief, und sagte: „Aun ist der geboren, der mich 
erlösen wird!“ Als später die Kindermagd einmal das RBnäöblein 
mit sich ins Bett genommen, ist das Gespenst gleich darauf los- 
gegangen und hat es aus dem Bette reißen wollen mit den Worten: 
„Harre, harre, du bist mein!“ Darüber ist die Magd aufgewacht, 
hat aber das Kind so fest an seinem Hemdchen gehalten, daß das- 
selbe entzweiriß, das Gespenst hat aber das Kind fahren lassen und 
ist auf die Magd gefallen und hat solche dermaßen gedrückt, daß 
sie Kkaum mehr Atem holen können. Von dieser Zeit an hat sich 
das Gespenst aber auch in der eigenen Schlafkammer des Super- 
intendenten, wo dessen Söhnlein in einem Gitterbettlein schlief, ein- 
gefunden, hat dasselbe öfter beunruhigt, die Flügel in dem Bettchen 
aufgemacht und es gereizt, es solle aufstehen und mitgehen, sie 
wolle ihm schöne gelbe Pfennige geben, es hat auch dergleichen 
Goldstüche mitgebracht und dem Kinde gezeigt. Während dem ist 
aber die Aähterin einmal über das andere von dem Gespenste ge- 
nötigt worden, sie möge doch nur einmal mitgehen, weil auch das
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.