Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 118 — 
seiner ganzen Familie und Gesinde morgens und abends seine An— 
dacht gehalten, die Nähterin aber, weil sie ihm zum andern Male 
nicht gefolgt, wegziehen heißen. Kaum ist sie jedoch fortgewesen, 
so hat das Gespenst sich die folgende Nacht darauf in der Kammer, 
wo die Aähterin sonst gelegen, mit vernehmlicher Stimme hören 
lassen: „Wo Ihr mir die Marie Sabine nicht wieder herschafft, so 
will ich auf den dritten Abend im Hause so tournieren, daß Ihr 
nicht sollt darinnen bleiben können.“ Worauf der Herr des Hauses, 
der solches gehört, geantwortet: „Der Teufel ist ein Lügner, er 
wird's auch diesmal bleiben!“ und wirklich ist es in der darauf 
folgenden Aacht ganz still geblieben und hat sich seit der Zeit 
nichts wieder von dem Spube hören lassen. 
151. Ein Gespenft ängstigt einen Wiesenthaler. 
Chr. Lehmann, Collectanea, S. 267; auch bei Flader, Wiesenthälisches 
Ehrengedächtnis, 1719, S. 97. 
Anno 1658 will ein Fleischhacker aus dem Wiesenthal gar frühe 
nach Elterlein gehen. Wie er eine halbe Meile heraus in den Wald 
auf einen Platz kommt, begegnet ihm ein grausamer Mann mit 
feurigen Augen und brennender Zunge in der Gestalt eines ver- 
storbenen Bürgers. Der hat eine Kette um sich mit eitel Toten- 
köpfen. Dafür erschricht er und kehrt um, und der Mann begleitet 
ihn bis in sein Haus, steht stets vor ihm und siehet ihn an, bis 
die Wirtin aufsteht und Licht anzündet. Da verschwindet er. Das 
hat der Fleischhacker seinem Pfarrer geklaget. Exp. 
152. Die Wehklage im Erzgebirge. 
Gräße, Bd. I, Nr. 568; Lehmann, Schauplatz, S. 784. 
Im Erzgebirge gibt es ein Gespenst, die sogenannte Klagefrau 
oder Klagemutter. Diese geht vor das Haus, wo ein Kranker liegt 
und fängt an jämmerlich zu heulen; will man nun wissen, ob der- 
selbe stirbt oder nicht, so wirft man vor die Türe von oben ein 
Tuch herab, das demselben gehört, nimmt jene, die nun zu heulen 
aufhört, dasselbe mit fort, so stirbt er, läßt sie es aber liegen, so
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.