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findet das Gegenteil statt. Im Vogtlande kommt dasselbe Gespenst
auch vor und dort sagt man, dasselbe habe die Gestalt eines großen
weißen Ballen und wälze sich so auf der Straße fort.
Im Jahre 1626 beim großen Sterben wohnte R. Köhler, ein
Schuster, in Oberwiesenthal am Markte: da er sich nun abends
zur Ruhe legt, hört er ein jämmerliches Geheul auf dem Markzte,
daß er davon nicht schlafen kann. Er sieht hinaus und wird ge—
wahr, daß es um den Holzstoß eines gegenüberwohnenden Aachbars
so winselt und jammert (es lagen darin zwei Sterbende, wie er des
folgenden Morgens zuerst erfahren). Er spricht: „Ja heule nur zu,
daß dir was anderes in den Nachen fahre!“ und legt sich wieder
nieder. Gleich Kommt das Heulgespenst vor die Kammer, heult noch
gräßlicher, und er fährt mit Furcht und Grausen ins Bett hinein;
sein Weib verweist ihm aber seine Berwegenheit, warum er bei so
elenden Sterbezeiten so frech hinausgeschrieen, dann fangen sie an
miteinander zu beten. Das Heulding fährt hinauf auf den Ober-
boden und von da zum Fenster in das Quergäßchen hinunter, und
heult wieder aufs neue vor des Büttels Tür, und morgens erfuhr
er, daß auch darin ein Patient am Tode läge. Der Schuhmacher
selbst hat indes noch über dreißig Jahre gelebt.
153. Spuhgestalten an einem Brunnen auf dem Fichtelberge.
Lehmann, Historischer Schauplatz, 1699, S. 250.
Abraham Munsch, ein alter frommer Hutmann in Wiesenthal,
erzählte für wahr, daß er einstmals oben auf dem Fichtelberg einen
überaus schönen Brunnen angetroffen, dessen Grund und Boden von
eitel Goldflammen geleuchtet und da er sich niedergesetzt und diesen
schönen Quell betrachtet und wieder aufgesehen, sei ein schönes buntes
Vöglein auf einer Seiten, auf der anderen aber ein Mäönch mit
einem offenen Buch gesessen, darüber er erschrochen und davon ge-
laufen. Er habe aber seit derselben Zeit den Brunnen nicht wieder
antreffen Können.