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160. Der Jäger ohne Kopf im Hofbusch bei Schlettau.
Gräße, Bd. 1, Nr. 527; Ziehnert a. a. O., S. 460.
In dem Hofbusch bei Schlettau, durch den der Weg nach
Unter-Hermannsdorf führt, läßt sich bei Nacht oft ein gespenstiger
Jäger ohne Kopf sehen. Er soll vor alten Zeiten die Armen, welche
sich das dürre Reißholz sammelten, oft unbarmherzig mißhandelt
haben, und zur Strafe nach seinem Tode nun umgehen müssen.
Rechtliche Leute läßt er ungeneckt, aber die Holzdiebe hat er schon
oft in Todesangst gejagt, und bisweilen fest gebannt, so daß sie
Stunden lang an einer Stelle stehen bleiben mußten.
161. Das Münchsgesicht an der Lirche zu Schlettau.
Gräße, Bd. 1, Nr. 526; poetisch beh. von Ziehnert, S. 32.
An der östlichen Außenseite der Kirche zu Schlettau befindet
sich etwa acht Ellen von der Erde ein Stein in der Mauer, der
angeblich, ohne von Mienschenhänden bearbeitet zu sein, einem
Mönchsgesicht täuschend ähnlich sieht. Das Volk erzählt sich von
demselben folgende wunderbare Geschichte. Um das Jahr 1520
war Johannes Küttner (oder Kottne), ein Bruder des Grünhainer
Abtes Georg Küttner, Pfarrer zu Schlettau (und zwar der letzte
katholische Geistliche daselbst). Da begab es sich, daß einst in stiller
Mitternacht, als dieser noch eifrig in den Kirchenvätern studierte,
ein bleicher Schatten vor ihn hintrat und also sprach: „Fürchte dich
nicht, ich bin der Geist eines deiner Vorgänger, der vor nunmehr
hundert Jahren, als die Hussiten in der nähe waren, ein silbernes
Kruzifix um Mitternacht in die Kirchmauer vergrub, wo es noch
ist: ich ward am nächsten Morgen von den wilden Ketzern er-
schlagen und bin jetzt getkommen, um dich aufzufordern, das heilige
Kreuz wieder an seinen früheren Ort auf den Altar zu stellen. Du
wirst den Flech, wo es vermauert ist, leicht ertennen, denn es wird
sich deinem Auge ein Lichtschein zeigen und da, wo derselbe erglänzt,
schlage ein, und du wirst es sogleich entdechen!“ Damit verschwand
er, der fromme Pfarrer aber eilte in die Kapelle, wo der Satkristan
ihn zur Messe bereits erwartete. Diesem teilte er das Erlebte mit
und hieß ihn am folgenden Alittag mit Hammer und Spitzhaue