— 125 —
4 Uhr, die Arbeiter eines Steinbruchs, welcher dem Greifenstein
sehr nahe liegt, ihr Brot verzehrten, ruft aus Unmut einer derselben
gegen die Höhe des Felsens: „Komm, Kaspar, iß mit!“ In dem-
selben Augenblichke Kommt ein großer Stein vom Felsen herab und
fällt gerade neben dem Arbeiter hin.
163. Der alte Turm in Tanneberg.
Gräße, Bd. I, Ur. 489; Ziehnert, S. 465.
Nahe bei den Rittergutsgebäuden des Dorfes Tanneberg bei
Geyer steht ein uralter vierechiger Turm. Seine starken Mauern
sind noch jetzt an die dreißig Ellen hoch und von einem Wasser-
graben umgeben. Viel erzählt man von ihm, aber wenig Zu-
sammenhängendes. In uralter Zeit soll einmal ein Graf, der Be-
sitzer dieser Gegend, eine große Jagd gehalten, sich dabei verirrt
haben, und mit seinem BRosse in einen Sumpf gesunken sein. Dem
Tode nahe wäre er noch von den Jägern mit Mühe gerettet worden
und hätte zum Andenken den Turm gebaut. Jetzt noch soll in
dem Turme der Geist eines der spätern Besitzer spuken, aber warum?
weiß niemand. Auch wollen alte Holzhacher und Bergleute den
Baum wissen, wo die Seele dieses unglücklichen Spukers ein-
gespundet sein soll. Es wäre sonst ein eiserner Reifen um den
Baum gelegt gewesen, um die Seele recht fest zu halten, aber die
Holzdiebe hätten zuletzt auch den Reifen gestohlen.
164. Die weiße Frau zu Venusberg.
Gräße, Bd. 1, Nr. 538; Lehmann, Schauplatz, S. 942.
Auf dem Herrnhofe und ittersitze zu BVenusberg (oder
Fenchsberg) bei Thum kBennt man eine weiße Frau seit langen
Jahren her. So oft bei der Herrschaft oder ihrer Familie und
ihren nächsten wichtigsten Anverwandten ein Todesfall sich ereignen
soll, läßt sie sich eine gute Zeit zuvor vor vielen öffentlich sehen,
und zwar, wenn der Todesfall im Hause geschehen soll, geht sie aus
selbigem heraus, die Treppen hinunter, längs über den Hof hinab