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zu demjenigen Tore, wo die Leiche hinausgetragen werden soll. Ist
aber der Todesfall außerhalb des Hauses unter den nächsten An—
verwandten zu vermuten, läßt sie sich nur bald hier, bald dort er—
scheinungsweise, auch wohl zu den Fenstern herab sehen, jedoch so,
daß niemandem dadurch einiges Leid oder Krankheit wiederfährt,
weil sie ohne alle Beleidigung ihr Wesen und Affenspiel treibt.
165. Die Jungfrau auf dem Pöhlberge bei Annaberg.
Kähler a. a. O., Ar. 46; nach Br. Grimm, Deutsche Sagen, Bd. J, Ar. 11.
Bei Annaberg liegt vor der Stadt ein hoher Berg, der Pöhl—
oder Pielberg genannt, darauf soll vor Zeiten eine schöne Jungfrau
verbannt und verwünscht sein, die sich noch öfters um Mittag,
weshalb sich dann niemand darf sehen lassen, in köstlicher Gestalt,
mit prächtigen gelben, hinter sich geschlagenen Haaren zeigte.
166. Der schwarze Mann zu Königswalde.
Gräße, Bd. J, Nr. 549; Lehmann a. a. O., S. 950.
Im Jahre 1696 hat die Frau des Köhlers Hans MNeuber zu
Königswalde bei Annaberg im Monat Julius ein Mädchen zur
Welt gebracht. Als dasselbe nun getauft war, ist die Aach#t# darauf
ein schwarzer langer Mann, der aus der Stubenkammer hinein in
die Stube Rkam, vor ihr Bett getreten und hat sie also angeredet:
„Gib mir dein Kind!“ Als sie sich aber geweigert, ist er wieder
hinausgegangen und hat das Schloß hinter sich zugeschlagen, daß
es geschmettert. Nach 14 Tagen kham etwas an den Laden, daß
sie auch den Schatten am Fenster sehen Rkonnte, und weil sie den-
selben für einen Hund gehalten, hat sie demselben zugerufen: „Gehest
du, garstiges Aas?“ Worauf es den Fensterladen gewaltig zu-
geschlagen und sie weiter nichts unternommen. Die folgende Nacht
hat es ihr das Kind aus dem Bettchen gezogen, da sie es denn
quer über dem Badewännchen auf dem Gesichtchen liegend gefunden,
welches nachher eine Nacht um die andere sich wiederholt hat. An
einem Sonnabend hernach im August hat die Mutter zur Nacht