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178. Das Frauensteiner Spektrum.
Chr. Lehmann, Collectanea, S. 259.
Anno 1662 ließ sich zu Frauenstein auf dem Gottesacker
am hellen lichten Tage ein schwarzer langer Mann sehen, der die
Quere im Gras am Wege auf dem Angesicht gelegen und Gras
wie ein Schwein gefressen. Auf die Frage der Totengräberin, was
er da mache, antwortet er nicht. Ein Schulknabe sagt's dem Pfarrer,
es liege auf dem Gottesacker ein grausam garstig Ding; sehe fast
aus wie der Müller zu Klein-Bobritzsch. Die Totengräberin siehet,
daß es verschwunden und von seinem Liegen das Gras gleichwohl
niedergedrückt gelegen. Die Deutung hat niemand gewußt, bis
man nach drei Wochen erfahren, daß sich der Müller zu Klein—
Bobritzsch erhängt, dem das Gespenst den Weg auf den Gottes—
acher verlegt, daß er an einem anderen Ort müssen begraben
werden.“
179. Die wüste Kirche bei Reichenau.
Gräße, Zd. 1, Nr. 241; Ziehnert, S. 435; Köhler, Sagenb. des
Erzgebirges, Ar. 304.
Mitten auf der Grenze der beiden Däörfer Reichenau und
Hermsdorf im Amte Frauenstein am Kreuzwalde, hart an der nach
Böhmen führenden Straße, stand bis 1876 die Ruine der Kapelle
zum heiligen Kreuz oder die sogenannte wüste Kirche. Dieselbe
ist 24 Ellen lang und 12 Ellen breit gewesen, scheint aber nur
eine Wallfahrtskirche gewesen zu sein, insofern 1742 ein ge-
wisser Trope oder Hartitzsch sich mit dem Hermsdorfer Richter um
das Recht stritt, Bier und Brot zum heiligen Kreuz zu schaffen.
Unter dieser Kapelle soll aber eine ganze Braupfanne voll Gold
stehen und zwölf Fässer alten Weines lagern, allein ob man wohl
oft schon danach gegraben, hat doch niemand den rechten Flech
treffen Können. Ferner soll sich daselbst des Machts zwischen 11 und
12 Uhr zuweilen ein Reiter ohne Kopf sehen lassen, und man er-
* In Lehmanns Collectanea S. 264 ist noch angemerkt: Anno 1663 (7)
den 6. Juni erhing sich Aikol Thiele, der Müller zur Kleinen Boberitzsch
in dem Frauensteiner Revier an eine kleine Fichte, wie das Gespenst
oben auf ihn gedeutet hatte.