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same Gerüchte verbreiteten sich über ihr Dahinscheiden; feierlich
wurde sie zur Erde bestattet und mit Grauen gedachte man der
Puppe, die still in ihrer Lade lag.
Allein nach dem Begräbnisse der Hausmutter hatte dieselbe
keine Ruhe mehr; in nächtlicher Weile stand sie auf, suchte ihre
Kleider, die der neue Besitzer an sich genommen, und lief im ganzen
Hause umher, so daß jeder Einwohner sich in der Nacht nicht ge-
traute, über die ängstlich verschlossene Kammer zu schreiten. Selbst
an Sonn= und Festtagen, wenn sich das junge Volk durch Spiel
und Tanz ein Bergnügen bereitete, trippelte sie hinter den kräftigen
Bergburschen und den rotwangigen Mlädchen her, so daß man
anfangs floh, später aber, an die Erscheinung gewöhnt, sich nicht
sonderlich mehr stören ließ. Der Wirt aber nahm sich ernstlich vor, dem
Spuk ein Ende zu machen. In St. Michaelis wohnte nämlich in einem
einsamen halbverfallenen Häuslein eine alte triefäugige Frau, von der
man behauptete, es sei nicht ganz richtig mit ihr, auch habe man
in ihrer Stube einst ein Geschöpf, einer Fledermaus ähnlich, bemerkt.
Sie wurde nur die Haldenhexe genannt. An diese Person wandte
sich der Wirt in seiner peinlichen Lage, und sie versprach unter
seltsamen Gebärden die Puppe in der Lade. Allein die Geschichte
scheint nicht geholfen zu haben, vielmehr rumorte die Puppe mehr
als je, und es schien ihr gar nicht in der zugenagelten Lade zu ge-
fallen. Kurze Zeit darauf kam auch das letzte Stündlein der Hexe
und sie starb eines rätselhaften Todes. In seiner Not wandte
sich nun der geplagte Erbgerichtsbesitzer an den Ortsgeistlichen in
Erbisdorf. Der Pastor erschien, las einige lateinische Gebete vor,
beschwor die Gestalt und schloß mit den Worten apage Satanas!
Darauf entfernte sich der Geistliche. Unterwegs aber hörte er ein
leises Husten und als er sich umdrehte, tanzte die Puppe spottend
hinter ihm her, so daß er voll Grausen eilends nach Hause lief
und Tür und Tor fest zuschloß. Und so blieb denn die Puppe
ungebannt im Hause. Lange Zeit wohl mochte sich dieselbe ruhig
verhalten haben, bis sie dann endlich wieder mit ihrem Spuke
auftrat. Ihrem Treiben sollte aber nunmehr ein baldiges Ende
bereitet werden. An einem sonnenhellen Nachmittage wurde die
Lade mit allem Zubehör auf einen Schubkarren geladen und von
einem Tagelöhner dem dunklen Spitalwalde zugefahren. Je näher
er demselben Rkam, desto schwerer wurde die Lade, so daß ihm der