Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 161 — 
breite, meist aus nassen und morastigen Wiesen bestehende Fläche, 
welche die Nassau oder Aasse genannt wird. Dort steht eine Art 
Vorwerk des Rittergutes Proschwitz, die sogenannte Miilchinsel, in 
deren Aähe man eine schanzenartige, mit Gräben umzogene kleine 
Anhöhe erblickt, das alte oder verwünschte Schloß genannt. Einst 
hauste hier ein Raubritter, der wie ein zweiter wilder Jäger, gleich- 
viel ob es Feier= oder Werktag war, mit seinen Genossen die Um- 
gegend der Jagd wegen durchstreifte und weder Saaten noch 
Pflanzungen seiner Untertanen schonte, den Waisen ihr bißchen er- 
erbtes Bermögen nahm und die schönsten Mdchen aus der Um- 
gegend raubte und auf seine Burg schleppte, wo er seine Lust an 
ihnen büßte und sie dann im Burgverließe umkommen ließ. Endlich 
vermochten seine Nachbarn sein Treiben nicht länger ruhig mit an— 
zusehen, sie zogen gegen ihn und schlugen in den Triften der Aassau 
ihn nach erbittertem Kampfe aufs Haupt. Er selbst floh mit den 
wenigen Resten seiner Mannen auf sein Schloß; siehe da zog ein 
furchtbares Wetter heran, und mit Grausen sahen die noch auf 
dem Schlachtfelde lagernden Gegner, wie bei einem mächtigen 
Donnerschlag und Blitz das Schloß mit allem, was darin war, ver- 
sank. An dieser Stelle läßt sich nun noch jetzt zuweilen ein hohl- 
äugiges Gespenst sehen, welches bald zu Roß, bald zu Fuß die 
wüsten Fluren wehklagend durcheilt, — aber auch die Geister der 
von ihm umgebrachten Unschuldigen haben keine Ruhe; man er- 
blicht sie des Aachts, wie sie als Frrlichter über den Boden fliegen. 
217. Das schwarze Kreuz in der Dresdner Heide. 
Gräße, Bd. 1, Ar. 223; novellistisch behandelt von K. Winter in der 
„Const. Ztg.“ 1854, Nr. 153—155. 
Wenn man von Dresden aus durch das Prießnitztal über die 
sogenannte neue Brücke geht und dann an den ehemaligen Schieß- 
ständen vorüber, den alten Kannenhenkelweg verfolgt, so gelangt 
man zu einer Anhöhe, auf der sich ein sehr hohes, schwarz ange- 
strichenes Kreuz befindet, das immer wieder erneuert wird und in 
dessen Nähe es zwischen 12—2 Uhr nicht geheuer sein soll. Es soll 
sich da das sogenannte Alittagsweibchen sehen lassen, das heißt eine 
steinalte Frau in einem weiten weißen Kleide und mit einem weißen 
Meiche, Sagenbuch. 11
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.