Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 180 — 
hinausgetragen oder vom Scharfrichter (Schinder) auf einer Kuhhaut 
hinausgeschleift auf das entfernteste Stück ihrer Besitzungen oder 
auf einen wüsten Ort und dort nächtlicherweile eingescharrt. So 
schleifte man auch im 18. Jahrhundert in Rammenau einen Mann, 
der sich erschossen hatte, hinaus auf die Viehlede bei den Drei— 
häusern (auch „Angst und Bange“ genannt). Ebenso erging es noch 
im 19. Jahrhundert einem Bauer Kunath in Frankenthal, der in 
seinem Walde zwischen Frankenthal und Rammenau eingescharrt 
wurde, weil er aus Liebesgram — seine Eltern verboten ihm, die 
Geliebte zu heiraten — zum Strange gegriffen hatte. An jener 
einsamen ungeweihten Stelle fand er jedoch keine Ruhe; er bricht 
um Mlitternacht aus dem Grabe und ruft: „Helft mir! Helft mir!" 
Der Wanderer, welcher in den Bannkreis dieses Selbstmördergrabes 
gerät, verirrt sich; Pferde, die auf der nahen Straße dahinziehen, 
geraten in Unruhe, Angst und Schweiß. 
248. Der Pelzmann zu Schmölln. 
Gräße, Bd. II, Nr. 888; Winter in der „Const. Ztg.“ 1854, Nr. 219; 
nach Gräve, S. 125 ff.; Haupt, Sagenbuch, Bd. I, Nr. 221. 
Der Leibpage des Kurfürsten Johann Georg II., der durch 
sein Nachtlager auf dem darnach genannten Pagenbette am König- 
stein weit be#lannt geworden ist — Karl Heinrich von Grunau — hatte 
sich später nach Schmölln bei Bischofswerda zurüchgezogen und lebte 
hier, nicht wie es andere Edelleute seiner Zeit zu tun pflegten und sein 
früheres Treiben als Page es wohl hätte erwarten lassen, der Jagd, 
dem Trunke und Spiele, sondern den Wissenschaften. Er beschäftigte 
sich eifrig mit Physik und Maturgeschichte, und brachte in seinem 
Schlosse ein förmliches Kabinett von ausgestopften merkwürdigen 
Tieren, mathematischen Instrumenten, getrochneten Pflanzen und 
alten Büchern zusammen. So konnte es nicht fehlen, daß, da er 
vorzüglich allen Umgang mit seinen Nachbarn mied, er in den Ruf 
eines Zauberers und Hexenmeisters geriet. Wie er gelebt hatte, 
starb er; zwar wußte niemand etwas Unrechtes von ihm, allein sein 
Andenken umgab fortan ein geheimnisvoller Aimbus, vorzüglich 
als bei der Aufnahme seiner Hinterlassenschaft durch die Obrigkeit 
gerade um die zwölfte Mittagsstunde, während einer der Gegen-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.