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Pater Laurentius oft in stiller Mitternacht die Malzböden durch—
wandele und dann zum Kühlstock hinabsteige, den Segen über das
brodelnde Getränk spreche und dann verschiedene Male von seinem
Inhalte koste. Der Brauer brachte sie also dahin, daß sie ihn und
einige seiner Kameraden im Klosterbrauhaus versteckte, und als der
Müönch richtig wieder seine Runde machte, fielen sie über ihn her,
banden ihn und schleppten ihn von dannen. Von dieser Gewalttat
ward der Abt durch ein eigenhändiges Schreiben des Bürgermeisters
in Kenntnis gesetzt und von demselben verlangt, er möge dem Bruder
Laurentius den Befehl erteilen, seinen so wirksamen Zaubersegen
auch dem Kühlbier der übrigen Brauer zu erteilen. Demselben blieb
nichts anderes übrig, als zu dem bösen Spiel gute Miene zu machen
und der arme Laurentius wurde nun von Brauhaus zu Brauhaus
geschleppt, bis er aller Orten einem oder dem andern Malzstock
seine Zustimmung gegeben und nach und nach alle Kühlstöche in
der Stadt gesegnet hatte. Allein ein unglücklicher Zufall wollte es,
daß, als nun die Gebräude aufgeschlagen wurden und Hunderte von
durstigen Kehlen nach diesem gesegneten Biere verlangten, es sich
fand, daß das ganze Bier essigsauer war. Uber diese ganz ent-
gegengesetzte Wirkung gerieten nun die Stadtbrauherrn sehr in
Schrechen und hielten sie für eine gerechte Strafe wegen ihres
Frevels an der Heiligkeit des Klosters; ein Teil eilte dorthin, um
für seine Sünden Vergebung zu erlangen, ein anderer aber sann
auf BRache. Zu letzteren gehörte auch jener Brauerssohn, der
Bräutigam der Tochter des Klosterbrauers. Dieselbe hatte ihm näm-
lich geraten, er möge sehen, wie er sich den Rosenholzbecher des Paters
verschaffen und ihm seine Beschwörungsformel ablauschen könne,
und beide beschlossen, den herumwandernden Alönch abzulauern und
ihm sein Geheimnis mit Gewalt zu entreißen. Wie gedacht, so ge-
schehen, der Brauer versteckte sich mit seinem Mlädchen in der Nähe
des Kühlstochs im Klosterbrauhause, und als Pater Laurentius
wiederum in der Mitternachtsstunde angewackelt Kam, aus dem
Kühlstoche kostete und seinen geheimen Spruch tat, da entriß ihm
das Alädchen mit gewandter Hand den Becher, und ihr Bräutigam,
ein starker Bursche, hob ihn hoch empor, hielt ihn über die brodelnde
Flüssigkeit und vermaß sich hoch und teuer, ihn hineinfallen zu
lassen, wenn er ihm nicht den Segen mitteile. Der von Todesangst
ergriffene Pater aber vermochte nur unverständliche Töne zu lallen,