Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 201 — 
Pater Laurentius oft in stiller Mitternacht die Malzböden durch— 
wandele und dann zum Kühlstock hinabsteige, den Segen über das 
brodelnde Getränk spreche und dann verschiedene Male von seinem 
Inhalte koste. Der Brauer brachte sie also dahin, daß sie ihn und 
einige seiner Kameraden im Klosterbrauhaus versteckte, und als der 
Müönch richtig wieder seine Runde machte, fielen sie über ihn her, 
banden ihn und schleppten ihn von dannen. Von dieser Gewalttat 
ward der Abt durch ein eigenhändiges Schreiben des Bürgermeisters 
in Kenntnis gesetzt und von demselben verlangt, er möge dem Bruder 
Laurentius den Befehl erteilen, seinen so wirksamen Zaubersegen 
auch dem Kühlbier der übrigen Brauer zu erteilen. Demselben blieb 
nichts anderes übrig, als zu dem bösen Spiel gute Miene zu machen 
und der arme Laurentius wurde nun von Brauhaus zu Brauhaus 
geschleppt, bis er aller Orten einem oder dem andern Malzstock 
seine Zustimmung gegeben und nach und nach alle Kühlstöche in 
der Stadt gesegnet hatte. Allein ein unglücklicher Zufall wollte es, 
daß, als nun die Gebräude aufgeschlagen wurden und Hunderte von 
durstigen Kehlen nach diesem gesegneten Biere verlangten, es sich 
fand, daß das ganze Bier essigsauer war. Uber diese ganz ent- 
gegengesetzte Wirkung gerieten nun die Stadtbrauherrn sehr in 
Schrechen und hielten sie für eine gerechte Strafe wegen ihres 
Frevels an der Heiligkeit des Klosters; ein Teil eilte dorthin, um 
für seine Sünden Vergebung zu erlangen, ein anderer aber sann 
auf BRache. Zu letzteren gehörte auch jener Brauerssohn, der 
Bräutigam der Tochter des Klosterbrauers. Dieselbe hatte ihm näm- 
lich geraten, er möge sehen, wie er sich den Rosenholzbecher des Paters 
verschaffen und ihm seine Beschwörungsformel ablauschen könne, 
und beide beschlossen, den herumwandernden Alönch abzulauern und 
ihm sein Geheimnis mit Gewalt zu entreißen. Wie gedacht, so ge- 
schehen, der Brauer versteckte sich mit seinem Mlädchen in der Nähe 
des Kühlstochs im Klosterbrauhause, und als Pater Laurentius 
wiederum in der Mitternachtsstunde angewackelt Kam, aus dem 
Kühlstoche kostete und seinen geheimen Spruch tat, da entriß ihm 
das Alädchen mit gewandter Hand den Becher, und ihr Bräutigam, 
ein starker Bursche, hob ihn hoch empor, hielt ihn über die brodelnde 
Flüssigkeit und vermaß sich hoch und teuer, ihn hineinfallen zu 
lassen, wenn er ihm nicht den Segen mitteile. Der von Todesangst 
ergriffene Pater aber vermochte nur unverständliche Töne zu lallen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.