Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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drehen dir den Hals um“. Da fiel der Junker auf die Knie, hob 
die Hände auf und wollte beten. Und wie er anfing zu beten, 
siehe da stand plötzlich vor ihm ein Mann in einem langen weißen 
Gewande, mit schönen goldenen Locken und einem hellen lieblichen 
Angesicht. Der sprach zu ihm: „Hans, trinke nicht mit ihnen, sei 
standhaft, bete zu Gott dem Herrn im Aamen Jesu Christi. Der 
wird dein Helfer sein in diesen Möten!“ Da betete der Junker in- 
brünstiglich und wo er nicht weiter konnte vor Angst, da half ihm 
der Alann im weißen Gewande und sprach zu ihm: „Du hast heute 
einen Totschlag verhindert, darum wird dir Gott beistehen gegen 
diese Unholde, so du ihn anrufest, aber tue Buße und lasse ab vom 
Saufen und Fressen, ermahne auch deine Gesellen, ein gleiches zu 
tun!“ Mit diesen Worten verschwand der Mann im Lichtgewande, 
und zu ihm traten zwei schwarze Gestalten, ähnlich gekleidet wie 
die gespenstigen Zechbrüder, nur mit langen schwarzen Pluderhosen, 
und peinigten ihn, da er jenen Bescheid zu tun standhaft weigerte, 
mit Zwichen, Zerren und Raufen, daß er zu unterschiedlichen Malen 
laut aufschrie, bis endlich der Hahn kRrähete und der ganze Spu 
urplötzlich mit großem Gepolter verschwand. Als der Juntker sich 
allein sah und wiederum zu sich Rkam, kroch er auf allen Vieren 
zur Türe hinaus, wo er gar kläglich jammernd liegen blieb, bis 
der Vater und das Gesinde von seinem Jammern gewechkt auf- 
gestanden sind und ihn an der Stubentür liegend gefunden und 
in sein Bett gebracht haben. Das Gesinde hatte wohl sein Geschreie 
gehört, aber vermeint, es sei etwa ein Streit ausgebrochen unter 
den drei Zechern und gehe sie nichts an. Des andern Tages hat der 
Junker gebeichtet und das heilige Sakrament genommen, auch seinen 
Zechbrüdern mitgeteilt, was ihm begegnet und sie ermahnt, gleich 
ihm Buße zu tun. Es hat sie dann gedäucht gleich ein Müärlein, 
Schwank oder Traum, haben ihn nur verlacht und ihr wüstes Leben 
fortgesetzt. Diese Geschichte hat der Pfarrer des Ortes nachmals 
mit Bewilligung des Edelmanns öffentlich von der Kanzel ver- 
kündigt, Fobus Fincelius aber, welcher diese Begebenheit auf- 
gezeichnet und in Druck gegeben hat, versichert, ihm sei sowohl der 
Name des Junkers, als auch der Ort der Begebenheit wohlbekannt.
	        
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