VI. a) Spuksagen. b) Polkergeister.
4.
V 296. Der gespenstige Leichenzug am Silvesterabend zu
Schöneck.
Köhler, Sagenbuch Ar. 385; Gräße, Bd. II, Nr. 639; beide nach
Illustriertes Familien-Journal, V, Mr. 116.
Es war im 18. Jahrhunderte an einem Silvesterabende, da
saß in der Stadt Schöneck ein alter, wackerer Schneider, zugleich
Stadtrat und Gemeindeältester mit seiner getreuen Ehehälfte im
rauchgebräunten Stübchen und schneiderte noch für den Festtag.
Im großen Kachelofen prasselte ein gemütliches Feuer, und in der
Röhre sang der Kaffee gar lustige Liedlein. Auf einmal erhob sich
die Hausmutter, kramte herum und suchte und suchte, und machte ein
gar verdrießlich Gesicht, vergeblich, sie fand nicht das Kameelgarn zu
den Knopflöchern. Die Niederlage war aber oben auf dem Boden;
deshalb mußte der Vater hinauf. Oben stand er in der schönen
Winternacht an der Dachluke, und es wurde ihm so wunderlich im
Herzen und er mußte sein Käppchen abnehmen und ein stilles
Vaterunser beten. Wenn man aber zur MNeujahrsnacht unter einem
Balken steht, dessen eines Ende nach Morgen gerichtet ist, und ein
Vaterunser betet, und nicht aus der Linie des Balkens heraustritt,
so kann man „horchen“", d. h. einen Blich in die Zukunft tun,
die in einzelnen Bildern vorüberzieht. Tritt man aber aus dem
Kreise heraus, oder erzählt man jemandem, was man gesehen hat,
so soll's einem den Hals umdrehen. Der Alte hatte gar nicht daran
gedacht, — aber auf einmal, da fängt's an zu läuten, als ob eine